Christof Parnreiter (Hg.): Stadt und Globalisierung. Hamburg (Hamburger Symposium Geographie 3.) 2011. 121 S.

Der vorliegende Band besteht aus einem umfangreichen Teil A mit fünf Beiträgen (davon zwei des Herausgebers) und einem deutlich geringeren Teil B mit nur einem fachdidaktischen Beitrag, der leider – trotz seines sehr anwendungsbezogenen Themas über „Migrationsbiographien als Leitlinien zu anderen Orten der Welt“ – hier wie ein Appendix wirkt.

 

In seinem ersten Artikel versucht C. Parnreiter das „Machen“ der Globalisierung in den Global Cities herauszustellen. Basierend auf neueren Erhebungen der Globalization and World Cities Study Group and Network werden die von Taylor u.a. (2010) „errechneten“ Daten des World City Networks vor allem benutzt, um die Global Network Connectivity der europäischen Top 50-Städte und deren „geographische Ausrichtung“ kartographisch darzustellen (Abb. 2, 3). Leider gelangt der Verfasser dann über eine bloße Beschreibung nicht hinaus. Besser gelingt die Darstellung von Mexiko-Stadt als „zentraler Knoten globaler Warenketten“ und der sozialen wie räumlichen Veränderungen durch das verstärkte Auftreten von Global City-Funktionen in der Innenstadt von Frankfurt/Main. Jedoch unterbleibt hier eine aufgrund der Quellenlage durchaus mögliche kartographische Darstellung.

Eine solche zur sozialräumlich-demographischen Gliederung (Abb. 4) steht am Ende der prägnanten Studie von J. Ossenbrügge über den „gegenwärtigen Strukturwandel“ des Wirtschaftsraums Hamburg unter dem Einfluss der Globalisierung, wobei Hamburg jedoch nur „ansatzweise als eine Global City“ gilt (S. 42). Durchaus innovativ und gut gelungen sind ferner die Ausführungen über „urban governance“ und die Auswirkungen zur „Politik der wachsenden Stadt“ des schwarz-grünen „Globalisierungsregims“ (S. 40) auf das wirtschaftliche Wachstum und die damit verbundenen sozialen Konsequenzen der Hansestadt.

Es ist bekannt, dass bauliche Großprojekte im weltweiten Wettbewerb der Metropolen um Unternehmensstandorte eine erhebliche Rolle spielen. Dabei kommt der Architektur und vor allem einer „Riege global agierender Architektenbüros“ (S. 45; z.B. N. Foster, F. Gehry) eine erhebliche Bedeutung zu, aber auch dem Wettbewerb der Metropolen um diese Büros. Der Bedeutung von spektakulären, sehr kostenintensiven „globalen“ baulichen Großprojekten und ihre Rolle im Städtewettbewerb widmet sich der bemerkenswerte Beitrag von M. Grubbauer. Als gut analysierte und interpretierte Fallbeispiele dienen ihr die City of London und die Londoner Docklands mit ihren globalen „Leuchtturmprojekten“, wobei die – politisch bedingten – unterschiedlichen Planungsetappen und Realisierungsphasen sehr deutlich werden.

Ausgehend von diesbezüglichen Thesen S. Sassen’s präsentiert A. Strüver eine gut formulierte Zusammenfassung der bisherigen theoretischen Diskussion über die im Rahmen der Globalisierung zunehmende transnationale Migration, „angereichert“ mit knappen Hinweisen auf Beispiele aus Hamburg. Sie diskutiert die Rolle der zahlenmäßig klar dominierenden „globalisierten Dienstmädchen“ als „Bodenpersonal des Globalisierungsgeschehens“ (S. 67). Hier ist kritisch zu fragen, ob a) diese „Globalisierung von unten“ in vielen Fällen nicht auch als Chance zum Aufstieg sowohl in den Ziel- als auch in den Quellgebieten der Migration gesehen werden kann und ob b) dieser Prozess in einigen Regionen (z.B. in Teilen Lateinamerikas oder Südeuropas) nicht bereits vor der Globalisierung eingesetzt hat.

In seinem zweiten Beitrag versucht sich C. Parnreiter – definitorisch und charakterisierend – an den Megastädten der Dritten Welt. Seine abschließende Erkenntnis, dass die Probleme der bzw. in den Megastädten, z.B. auch Armut, sich nicht aus deren Größe, sondern „aus wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen und damit verbundenen politischen Handlungsweisen“ ergeben (S. 97) birgt jedoch nichts Neues, ist vielmehr eine Binsenweisheit. Nur mit dieser, etwas verkürzten Sicht- und Interpretationsweise wird man der Dynamik der Megastädte als „mayor global risk areas“ nicht gerecht mit ihrem ständig zunehmenden physisch-ökologischen wie sozioökonomischen und politischen (governance!) Vulnerabilitätspotenzial.
Günter Mertins

Quelle: Erdkunde, 66. Jahrgang, 2012, Heft 4, S. 362-363