Michael von Hauff und Katja Claus: Fair Trade. Ein Konzept nachhaltigen Handels. Konstanz, München 2012. 264 S.

Das Buch behandelt das aktuelle Thema des Fairen Handels. Dabei konzentriert es sich auf die ökonomische Sicht und will eine Einordnung des Fair-Trade-Kon­zepts in das Paradigma der nachhaltigen Entwicklung vornehmen. Die insgesamt acht Kapitel behandeln: Einleitung (1), Die Struktur des Welthandelssystems und Entwicklungstendenzen des interna­tionalen Handels (2), Anforderungen des Paradigmas nachhaltiger Entwicklung an den internationalen Handel (3), Das Konzept und die Bedeutung des Fairen Handels (4), Theoretische Begründung des internationalen Handels (5), Die Wirkung des Fairen Handels in Entwicklungsländern (6), Fairer Handel im Konzept der Entwicklungspolitik (7) und Zusammenfassung (8).

 

Als UTB-Band in der Reihe Volks­wirtschaftslehre/Betriebswirtschaftslehre ist es konsequent als Lehrbuch aufgebaut. Es ist im Bereich internationale Wirtschaft bzw. internationaler Handel zu verorten. So geben die Autorin und der Autor eingangs einen detaillierten Überblick über die gängigen Theorien der bürgerlichen Ökonomie und die Einordnung in das aktuelle Welthandelssystem inklusive der Rolle der Entwicklungsländer – der Begriff wird so benutzt und nicht diskutiert oder problematisiert. Ausführlich wird auch auf das Paradigma der „nachhaltigen Entwicklung“ einge­gangen und dieses in Beziehung zum internationalen Handel gestellt.

Im Kapitel 4 stellen von Hauff und Claus das Konzept des Fairen Handels im Kontext der zuvor dargestellten Theorieansätze und Strukturen vor. Aus­führlich und sehr anschaulich zeichnen sie die Entwicklung des Konzepts nach, beschreiben die verschiedenen Orga­nisationen, die sich damit beschäftigt bzw. dafür eingesetzt haben, und gehen detailliert auf deren verschiedenen Hintergründe und Ansätze sowie Ziel­setzungen und Grundsätze ein. Dabei wird deutlich, dass die verschiedenen Organisationen unterschiedliche Teil­bereiche in der Kette von Produktion bis Verbrauch abdecken bzw. dort ihren Schwerpunkt setzen.

Bestandteile des Konzeptes sind in je unterschiedlicher Intensität (95): Preis, Finanzierung, Handelsbeziehungen, Arbeitsbedingungen und Umwelt. Organisatorisch zeigt das Buch zwei Hauptmodelle auf Produzentenebene auf: das Genossenschaftsmodell und die „Hired Labour Structure“, das Plantagenmodell (siehe hierzu auch den Artikel von Maria Tech in diesem Heft). Durchgängig ist das grundsätz­liche Ziel, „den Produzenten in den Entwicklungsländern den Zugang zum Weltmarkt und somit die Teilnahme am Welthandel zu ermöglichen“(103). Mit dem Trend zur Kommerzialisierung und dem Zugang zu den Supermärkten kann zwar die Nische verlassen werden und die Lebenssituation der Produzenten in vielen Fällen verbessert werden, aber eine der Organisationen, die Fair Trade Labelling Organization befürchtet dabei den Bedeutungsverlust der politischen Zielsetzung. Es wird ja die verbesserte Teilnahme am bestehenden System angestrebt, nicht eine Veränderung oder gar eine Infragestellung des Systems. Auf diese Frage ebenso, wie auf die Pro­blematik der Einführung von Standards gehen Autorin und Autor in diesem Band nicht grundsätzlich ein.

Sie zeichnen die Entstehung und Ent­wicklung der verschiedenen Organisa­tionen nach und stellen mit verschie­denen Statistiken und Schaubildern die Verteilung und Bedeutung der Produk­tion im Weltmaßstab dar. Dabei machen sie klar, dass sowohl das Handelsvo­lumen insgesamt als auch der politische Ein.uss trotz der aktiven Beteiligung großer entwicklungspolitischer NROen (z.B. Misereor) in Deutschland und auf EU-Ebene sehr gering ist. Dies führt der zitierte Autor K. Piepel auf drei wesent­liche Faktoren zurück: „Die organisato­rische Zersplitterung der Bewegung, die thematische Beschränkung auf traditio­nelle Exportprodukte der Dritten Welt und die methodische Selbstbeschrän­kung auf Handelsformen in Verbindung mit dem Warenverkauf“ (136).

Im fünften Kapitel erfolgt ein Sprung in die klassische Volkswirtschaftstheorie, in dem die Außenhandelstheorie ausführ­lich erläutert wird. Der abschließende Abschnitt dieses Kapitels nimmt die Verortung des Fairen Handels in der zuvor beschriebenen Theorie des inter­nationalen Handels vor. Die Wirkung in Entwicklungsländern untersuchen die Autorin und der Autor im sechsten Kapitel. Sie stellen dabei fest, „dass das Konzept des Fairen Handels durchaus positive ökonomische Effekte für die Produzenten mit sich bringt“ (199), die Frage der Nachhaltigkeit bleibt aber offen. Es wird klar, dass Veränderungen nur im unmittelbaren Umfeld zu erkennen sind und strukturelle Änderungen, wie die Überwindung von Abhängigkeiten, kaum erzielt werden können.

Unter der Überschrift „Fairer Handel im Kontext der Entwicklungspolitik“ präsentiert Kapitel 7 zunächst eine kurze allgemeine Beschreibung der Entwicklungspolitik. Darin stellen von Hauff und Claus den Fairen Handel als eines von deren Handlungsfeldern dar. Weiterhin gehen sie in diesem Kontext auf die Bedeutung einer Neuordnung der Agrarpolitik in den Industrieländern ein. Auch das Konzept des Public Private Partnership besprechen sie hier als eine Alternative. Allerdings bleibt gerade die vor allem von der kritischen Wis­senschaft und von NROen ausgehende, kontroverse Debatte über dieses Konzept ausgeblendet. Das Kapitel schließt mit einer allgemeinen Bewertung der ver­schiedenen Alternativen und einem Aus­blick auf die aktuellen Entwicklungen in diesem Bereich.

Insgesamt gibt der Band einen guten Überblick über die aktuelle Diskussion und präsentiert die Informationen gut verständlich; er lässt allerdings die kri­tische Diskussion dazu außen vor. Für Studierende ist es ein nützliches Werk im Rahmen der hier allgemein gelehrten klassischen Ökonomie, das die Fakten gut gegliedert darstellt und durch die jeweiligen Einführungen in den Kapiteln die Einordnung des Konzepts des Fairen Handels in die theoretisch-fachlichen Kontexte erläutert. Insgesamt wird der Band mit seiner deskriptiven Form seiner Rolle als Lehrbuch im Kontext der bürgerlichen Ökonomie voll gerecht. Dabei wird allerdings nicht auf die breitere und bisweilen kritische Debatte des Fair-Trade-Konzepts eingegangen.
Theo Mutter

PERIPHERIE Nr. 128, 32. Jg. 2012, S. 509-510

 

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