Peter Weichhart, Christine Weiske und Benno Werlen: Place Identity und Images. Das Beispiel Eisenhüttenstadt. Wien 2006 (Abhandlungen zur Geographie und Regionalforschung 9). 288 S.

Mit der empirischen Erprobung der raumbezogenen Identität fügen sich PETER WEICHHART, CHRISTINE WEISKE und BENNO WERLEN in die aktuelle Debatte des "cultural turn" nahtlos ein. Hinter dem anfangs etwas unscharfen Titel verbirgt sich eine solide empirische Studie, die durch eine klare Gliederung dem komplexen Phänomen der raumbezogenen Identität einen vernünftigen Rahmen gibt.
Das Buch ist das Ergebnis eines erstellten Gutachtens für die Stadt Eisenhüttenstadt, das 2004 fertig gestellt wurde. Das ausschreibende Projektbüro "Eisenhüttenstadt 2030" betitelte das Gutachten mit "Image und Identität", was gleichzeitig den Titel und die starke Praxisorientierung des Buches erklärt. Die Ziele des Projektes, nämlich ein Bericht zum Stand der Forschung über Image-Wandel und Image-Management in Städten, empirische Erhebungen und Analyse der Image-Strukturen von Eisenhüttenstadt als Basis für weitere Entwicklungsmaßnahmen sowie ein Bericht über Potenziale und Grenzen einer Leitbildentwicklung, prägen den inhaltlichen Aufbau dieser Arbeit. Leider kommen die Ausführungen über künftige Potenziale und Grenzen zu kurz und ein kurzes zusammenfassendes Kapitel darüber hätte der Arbeit einen runden Abschluss verliehen.
In den ersten knapp 100 Seiten beschäftigen sich die Autoren mit der raumbezogenen Identität, ihren theoretischen Ansätzen, dem Nutzen und den Problematiken bei der Anwendung. Die wissenschaftlichen Hauptdimensionen und die Einbettung der raumbezogenen Identität machen das Thema zunächst sehr abstrakt. Die Abstraktheit versuchen die Autoren mit einen Kapitel empirischer Beispiele für das Messen raumbezogener Identität am Beispiel des Stadtteils Lehen in Salzburg zu durchbrechen, um so den Praxisbezug herzustellen. Dieses wichtige Kapitel führt gleichzeitig in die methodischen Ansätze und deren praktische Umsetzung ein, wäre aber im Anschluss an den theoriegeleiteten Abschnitt doch besser platziert. Denn während der Leser sich gedanklich schon in der praktischen Anwendbarkeit findet, wird er im folgenden wichtigen Teilabschnitt zum Nutzen der raumbezogenen Identität wieder sehr auf die Theorieebene zurückgeleitet.
Etwas stutzig macht zunächst die Wahl der drei Beispielstädte Chemnitz, Wolfsburg und die österreichische Stadt Linz. Doch während für die Wahl von Chemnitz und Wolfsburg ein schlüssiger Kontext zur empirischen Untersuchung für Eisenhüttenstadt geliefert wird, erschließt sich die Bedeutung der Wahl von Linz als Beispielstadt erst auf den zweiten Blick. Die zweite Hälfte des Buches ist den empirischen Datenerhebungen zu Eisenhüttenstadt gewidmet. Die Darstellung der empirischen Methoden und die vielfältigen Ergebnisdarstellungen der Befragungen zum Image von Eisenhüttenstadt geben einen interessanten und vielfältigen Einblick. Sie sind sorgfältig aufbereitet und bieten daher eine gute praktische Anleitung für jeden Studierenden, Forschenden und Interessierten. Besonders schön ist, dass die Autoren nicht über die Schwierigkeiten schweigen, sondern die während der Erhebungsphase aufgetretenen Probleme thematisieren und die Folgewirkungen für die Analyse der Ergebnisse darlegen. Besonders eindrücklich wird dies am Beispiel des "No-Future-Syndrom" beschrieben, dem die Projektgruppe völlig unerwartet begegnete. Zu bemängeln in der Darstellung sind die leider schlecht lesbaren kognitiven Karten, die es dem Eisenhüttenstadt-Laien besonders schwer machen, sich räumlich zu orientieren.
Fazit: Die Ergebnisdarstellung des Gutachtens zum Thema "Image und Identität in Eisenhüttenstadt" gibt einen guten Einblick in die Arbeit angewandter Wissenschaft in der Praxis. Sie bietet einen guten Leitfaden für alle diejenigen, die mittels Befragungen und Interviews eine Fragestellung empirisch erheben möchten. Wer sich mit Fragestellungen zum Thema Raum und Identität beschäftigt, wird in dem reichhaltigen Literaturverzeichnis sicher fündig.    
Autorin: Christina Issa

Quelle: Erdkunde, 61. Jahrgang, 2007, Heft 4, S. 386