Chris Methmann, Alexander Haack u. Jesko Eisgruber: Wem gehört der Himmel? Das Klima in der Globalisierungsfalle. Hamburg 2007. 93 S.

Verf. konzentrieren sich in diesem AttacBasisText auf vier "unbequeme Wahrheiten" zum Klimawandel und wollen dabei zeigen, dass dieser "mehr eine soziale als eine ökologische Frage" ist (7f). Erstens sei Klimawandel eine Frage der Nord-Süd- und der intergenerationellen Ungerechtigkeit (19), einerseits aufgrund der ungleichen Verteilung der Klimafolgen, andererseits da Klimaschutz bislang nicht gemäß der unterschiedlichen "ökologischen Schuld" erfolge (24). Zweitens seien die bisherigen Lösungsvorschläge weitgehend untauglich.

Die Reduktionsziele des Kyoto-Protokolls seien zu gering und gelten nicht für Entwicklungs- und Schwellenländer (19f). Der Clean Development Mechanism sei ein "klassisches Marktschaffungsinstrument" und folge einem "neokolonialen Muster" des Tauschs von Rohstoff gegen Fertigwaren (36f). Vermeintlich "saubere Kohle" (26) durch Abscheidung eines Teils des CO2 direkt am Kraftwerk (CCS-Technologie), Atomkraft oder Biokraftstoffe seien weder klimafreundlich noch sozialverträglich und folglich abzulehnen. Drittens sei die Weltwirtschaftsordnung ein "Sargnagel für den Klimaschutz" (45). Die Zunahme des globalen Warenverkehrs führe zu einer massiven Erhöhung der CO2-Emissionen (46), die liberalisierten Märkte erschwerten staatliche Subventionen erneuerbarer Energien (47), und das TRIPS-Abkommen blockiere durch Patentrechte den Transfer von Umwelttechnologien (50ff). Zudem tragen IWF und Weltbank "zur Fortschreibung fossiler Energien bei" (55), statt konsequent Investitionen in erneuerbare Energien zu fördern. Viertens stellen Verf. die Frage, ob die Klimakrise im bestehenden Wirtschaftssystem überhaupt überwunden werden kann. Der Kapitalismus "entbettet" sich gegenwärtig aus "jeglicher gesellschaftlichen Regulierung ", führe weltweit zu wachsender Armut und untergrabe somit das "soziale Fundament" des Klimaschutzes - "ohne Social Peace kein Green Peace" (70ff). Der "kurzfristige Renditedruck " sei nicht mit den "langfristigen Zielen des Klimaschutzes zu vereinbaren" (74ff). Zudem brauche Klimaschutz öffentliches Eigentum, das aber "reihenweise den Finanzmärkten geopfert" werde (z.B. Deutsche Bahn); durch den weltweiten "Steuersenkungswettlauf" zur Schaffung günstiger Investitionsbedingungen fehle den öffentlichen Haushalten das Geld für Klimaschutz (75f). Der gegenwärtige Kapitalismus könne - so räumen Verf. in Auseinandersetzung mit Altvater ein - zwar "solar betrieben werden", aber "andauerndes Wachstum" sei "eine große Herausforderung für eine nicht-fossile Wirtschaft" (77f). Lange bevor jedoch das Ende "fossiler Energien den Kapitalismus möglicherweise zum Erliegen bringen" würde, wird eine "Klimakrise ungeahnten Ausmaßes" das "gesamte Leben auf dem Planeten in Gefahr bringen", die vom "real existierenden Kapitalismus" nicht abgewendet werden könne (79).
Die Lösungsvorschläge der Verf. sind von drei Prinzipien geleitet: ökologische Gerechtigkeit, Ablehnung der Reduktion von Klimaschutz auf ein monetäres Kosten-Nutzen-Kalkül und Aufbau einer "demokratischen Globalisierung von unten" (81f). Das Kyoto-Nachfolgeabkommen sollte global gleiche Pro-Kopf-Emissionsrechte anstreben, statt globalem Emissionshandel wären freier Technologietransfer und die globale Besteuerung des Schiffsund Flugverkehrs einzuführen, nationaler Emissionshandel könnte durch Energiesteuern ersetzt werden (83f). Handelsströme sollten regionalisiert werden, indem Transportdienstleistungen ihre "wahren Kosten" erhalten (84). Die WTO-Richtlinien müssten den "ökologischen und sozialen Fußabdruck" eines Produkts stärker berücksichtigen (85). Finanzmärkte müssten reguliert, nationale Handlungsspielräume ausgeweitet und Ansätze solidarischer Ökonomie gefördert werden. Klimasensible Bereiche wie die Energieversorgung gehörten unter "öffentliche Kontrolle", womit "nicht die Verstaatlichung, sondern eine Vergesellschaftlichung " gemeint sei: z.B. werde der Direktor der Stadtwerke von Sacramento/CA von der Bevölkerung gewählt, so dass der Anteil erneuerbarer Energien dort inzwischen sehr hoch sei (85f). - Verf. legen ein Hauptaugenmerk auf die Weltwirtschaft als Ursache des Klimawandels. Ihrem Anspruch, auch "zum Kapitalismus nicht schweigen" zu wollen (8), werden sie jedoch nur bedingt gerecht, denn ihre Kritik richtet sich stets nur auf die "Globalisierung des Kapitalismus" (8), den "Finanzmarktkapitalismus" (74) bzw. den "Raubtierkapitalismus" (76) anstatt auf die kapitalistische Produktionsweise an sich. Fraglich ist, ob Energiesteuern sozial gerecht sein können und wie es "wahre Kosten" des Transports geben kann, wenn Verf. doch rein monetäre Kosten-Nutzen-Kalküle ablehnen. Sie betonen, Klimawandel sei nicht nur eine "Umweltkrise", sondern eine "Gesellschaftskrise" (62) - unklar bleibt jedoch, inwiefern er auch eine Umweltkrise ist und was das überhaupt wäre. Formulierungen wie "ein Planet stirbt" (12) oder Kohlekraftwerke machten das Klima "krank" (31) fallen jedenfalls hinter jegliche sozial differenzierte Sichtweise der Klimaproblematik zurück, die Verf. eigentlich stark machen wollen.
Oliver Walkenhorst

Quelle: Das Argument, 50. Jahrgang, 2008, S. 936-937