Markus Gmünder: Raumplanung zwischen Regulierung und Markt. Eine ökonomische Analyse anreizorientierter Instrumente in der Raumplanung. Zürich u. Chur 2010. 327 S.

Markus Gmünder, von der Ausbildung her Geograf und Volkswirtschaftler, geht der Frage nach, wie die Siedlungsentwicklung der Schweiz mithilfe anreizorientierter (marktanaloger) Instrumente so gesteuert werden könnte, dass sich die raumplanerischen Ziele besser erreichen lassen. Diese Frage ist von hoher Aktualität. In Fachkreisen ist weitgehend unbestritten, dass mit dem bisherigen Instrumentarium nur ungenügend erreicht werden kann, was in Art. 75 der Bundesverfassung als Ziel der Raumplanung formuliert ist: "die zweckmässige und haushälterische Nutzung des Bodens und die geordnete Besiedlung des Landes ".

Die grösste Sorge bietet heute die Zersiedelung. Im sub- und periurbanen Raum wurden zu viele Bauzonen ausgeschieden, während in den Zentren Bauzonen eher zu knapp sind. Dies fördert auf der einen Seite den Landschaftsverbrauch und könnte sich auf der anderen Seite in den Ballungsgebieten als Hemmnis für die städtischen Motoren der Volkswirtschaft erweisen. Die Siedlungsentwicklung ist weder ökologisch noch ökonomisch nachhaltig. Mit dem bisherigen Instrumentarium dürfte sich daran wenig ändern. Die Anreize bleiben stark, im ländlichen Raum Flächen einzuzonen und den Boden dispers zu überbauen.
Mithilfe der Wohlfahrtsökonomik und der politischen Ökonomie analysiert Markus Gmünder als Erstes die Ursachen für die Fehlentwicklungen in der Bodennutzung und Raumentwicklung. Diese liegen einerseits in den nicht internalisierten externen Kosten vor allem der Erschliessung und des Verkehrs. Dieser Umstand führt faktisch zu einer Art Subventionierung der schleichenden Ausdehnung des Siedlungsgebietes im ländlichen Gebiet. Nötige Rückzonungen stossen auf den Widerstand nicht nur der betroffenen Grundeigentümer und der Bau- und Immobilienwirtschaft, sondern auch der an Arbeitsplätzen interessierten Gemeinde- und Kantonsbehörden.
Auf der Basis der wirtschaftstheoretischen Analyse entwickelt Markus Gmünder sodann ein marktwirtschaftliches beziehungsweise anreizorientiertes raumplanerisches Instrumentarium. Dieses besteht in der Schaffung von Win-win-Situationen mittels Abgaben und/oder Verhandlungen. In Frage kommen Lenkungsabgaben auf die Bodennutzung, verursachergerechte Erschliessungs- und Benutzungsabgaben zur Internalisierung der externen Kosten, Verhandlungen bei Konflikten mit Mediatoren sowie insbesondere handelbare Zertifikate (Flächennutzungszertifikate, Flächenausweisungszertifikate).
Der empirische Teil der Untersuchung von Markus Gmünder basiert auf Fallbeispielen und besteht einerseits aus 16 Interviews mit 21 amerikanischen Fachleuten aus Hochschule und Praxis, andererseits aus einer internetbasierten Umfrage bei rund 350 schweizerischen Planungsfachleuten (Planungsbüros, Behörden, Raumplanungsämtern). Leider wirkt dieser Teil der Arbeit heute leicht veraltet; die Befragungen wurden 2003 und 2004 durchgeführt. In den letzten Jahren hat in der Schweiz im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung des Raumplanungsrechts in Fachkreisen eine lebhafte Diskussion stattgefunden. Allerdings dürfte sich
wenig daran geändert haben, dass bei Raumplanern und Juristen die ökonomischen Instrumente anstelle oder in Ergänzung zu den Ge- und Verboten noch auf wenig Gegenliebe stossen. Immerhin ist festzustellen, dass mit der im August 2008 eingereichten "Landschaftsinitiative" - an deren Erarbeitung Markus Gmünder beteiligt war - die politische Diskussion neue Impulse erhalten hat. Das Buch zeigt anhand von Szenarien, wie vor allem die Übergangsbestimmungen dieser Initiative eine gute Grundlage für den Einsatz anreizorientierter Instrumente der Raumplanung abgeben würden.
Das allgemein verständlich geschriebene Buch von Markus Gmünder sei Planungsfachleuten, Ökonomen, Geografen, Juristen, Politikern und Laien, die sich für neuere Instrumente der Raumplanung interessieren, wärmstens empfohlen.
René L. Frey

Quelle: disP 181, 2/2010, S. 122