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Kategorie: Rezensionen

Gerd Albers und Julian Wekel: Stadtplanung. Eine illustrierte Einführung. Darmstadt 2008. 191 S.

Die Hafencity Hamburg, eines der aktuell spannendsten Projekte der Stadtplanung, ziert das Umschlagbild des Werkes "Stadtplanung. Eine illustrierte Einführung" und verspricht damit sowohl eine aktuelle als auch eine spannende Einführung in die Thematik. Das Buch von GERD ALBERS und JULIAN WÉKEL weckt bereits durch seine äußere Aufmachung die Lust am Blättern. Und (fast) egal an welcher Stelle man das Buch aufschlägt, laden Fotos und Karten zum Betrachten und Weiterlesen ein. Zwanzig Jahre nach dem Erscheinen von GERD ALBERS "Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung" (1988) liegt damit eine zeitgemäße Überarbeitung dieses Lehrbuchklassikers vor, die die Expertise von GERD ALBERS, einer der zentralen Persönlichkeiten der Stadtplanung in Deutschland, und JULIAN WÉKEL, Professor an der Technischen Universität Darmstadt und ehemals Stadtplaner in Hamburg, Frankfurt und Berlin, gewinnbringend miteinander verbindet.

Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert. Das erste Kapitel "Die Standortbestimmung - Stadtplanung als Beitrag zur Ordnung des Zusammenlebens" (S. 9) bietet eine kurze Einführung und setzt sich mit den zentralen Begriffen Stadt und Planung auseinander. Kapitel 2 widmet sich der "geschichtlichen Entwicklung von Städtebau und Stadtplanung" (S. 18). Beginnend bei den Wurzeln der Stadt, wird die Stadtentwicklung vor dem Industriezeitalter recht kurz berührt. Der Schwerpunkt des Kapitels liegt in der Darstellung der Entwicklungen im 20. Jahrhundert und hier insbesondere in der Stadtplanung nach 1945. "Dabei steht das Geschehen in der Bundesrepublik Deutschland im Vordergrund, das allerdings in internationale Entwicklungen eingebettet ist." (S. 28) Die Planungsgeschichte der DDR wird in einzelnen Absätzen ergänzend erwähnt. Im dritten Kapitel "Die Theorie und das Handwerk - die Arbeitsweise der Stadtplanung" (S. 41) werden die Stufen der städtebaulichen Planung skizziert von der Bestandsaufnahme über die Ziele der Stadtplanung bis zur "Erkundung des Handlungsspielraums mittels alternativer Entwürfe" (S. 53). Schließlich werden die Typen von Plänen eingeführt, die für die Aufgaben der Stadtplanung notwendig sind, und der Übergang vom Plan zu seiner Verwirklichung dargestellt. In Kapitel 4 beschäftigen sich ALBERS und WÉKEL mit dem Stadtplanungsrecht. Sie gehen zunächst auf die Entwicklung der Gesetze des Bauplanungsrechts ein, um sich dann ausführlich mit den Bauleitplänen und ihrer Aufstellung auseinanderzusetzen. Darüber hinaus wird in einem Teilkapitel die Organisation der Stadtplanung innerhalb der Gemeinden dargestellt und schließlich auf die Verknüpfung der Stadtplanung mit anderen Planungsebenen und mit Fachplanungen hingewiesen. Das umfangreichste Kapitel ist der Praxis der Stadtplanung gewidmet und befasst sich mit dem weiten Feld stadtplanerischer Tätigkeiten zwischen Stadtstrukturplanung und Stadtgestaltung. Dazu werden zunächst die verschiedenen Nutzungsbereiche innerhalb der Stadt beschrieben und die Beziehung der Nutzungen zueinander dargestellt. Daran anschließend erläutern die Autoren die zentralen Einzelaufgaben der Stadtplanung: die Neuplanung von Städten und Quartieren, deren Veränderung sowie die Bewahrung von Stadtbereichen. Als sechstes Kapitel folgt ein kurzer Ausblick auf die Perspektiven der Stadtplanung. Sich verändernde Rahmenbedingungen bei der Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung haben Konsequenzen für die Stadtplanung. Hier heben ALBERS und WÉKEL insbesondere den Anspruch einer nachhaltigen Entwicklung und die Herausforderungen einer schrumpfenden Bevölkerung hervor. Den Abschluss bilden ein Exkurs zu den Tätigkeitsfeldern und Ausbildungsgängen in der Stadtplanung sowie ein Anhang mit Auszügen aus dem Baugesetzbuch und der Baunutzungsverordnung.
Der Aufbau entspricht damit weitestgehend der 1988 bei der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft erschienenen "Einführung in die Stadtplanung. Eine praxisorientierte Einführung" von GERD ALBERS. Auch der Inhalt der Kapitel entspricht in weiten Teilen der Vorlage von 1988. Überarbeitet und ergänzt wurden die Kapitel insbesondere dort, wo es um Veränderungen im Planungsrecht, neue Strukturen oder Verfahren geht. Ebenso wurden Abschnitte ergänzt, die sich mit der Situation in Ostdeutschland beschäftigen. Darüber hinaus spiegelt das vorliegende Werk die aktuelle Diskussion um den demographischen Wandel und insbesondere um die Konsequenzen der Schrumpfung wider. Aus der demographischen Entwicklung "ergeben sich auch Folgerungen für den Bedarf an Sanierung und Stadtumbau" (S. 154). Dem trägt das Werk durch zahlreiche ergänzende Abschnitte Rechnung.
Der augenfälligste Unterschied zwischen der "praxisorientierte(n) Einführung" (1988) und der "illustrierte(n) Einführung" (2008) geht jedoch bereits aus dem Titel hervor. Während die Einführung von 1988 mit ihren 37 Abbildungen und sechs Tafeln in schwarzweiß zunächst einen eher trockenen Eindruck erweckt, handelt es sich bei der "illustrierte(n) Einführung" um ein reich bebildertes Werk mit 202 farbigen Abbildungen. Lediglich vier Doppelseiten enthalten keine Fotos oder Abbildungen! Allerdings sind die Abbildungen kaum in den Text eingebunden. Verweise finden sich in aller Regel nur auf jene Abbildungen, die bereits in der Vorlage von 1988 vorhanden waren. Es ist offensichtlich, dass die meisten Abbildungen nachträglich angefügt, aber nicht wirklich eingefügt wurden. Glücklicherweise sind die Erläuterungen zu den Abbildungen jedoch häufig umfangreich und ausführlich, so dass die Übersichten, die Fotos und insbesondere die vielen Pläne dem Leser ermöglichen, die im Text formulierten Informationen an konkreten Beispielen nachzuvollziehen. Sie tragen damit ganz wesentlich zur tieferen Auseinandersetzung und zum Verständnis der Thematik bei.
Ein kleiner Wermutstropfen in dieser inhaltlich und gestalterisch so überaus ansprechenden Einführung ist der Umgang mit der Literatur. Zunächst irritiert die äußerst knappe Bibliographie, die - bei einem Buch von 191 Seiten - gerade einmal drei Seiten umfasst. Die Ausstattung mit Literaturverweisen ist als äußerst sparsam zu kennzeichnen. Bei Aussagen wie auf Seite 159: "wie entsprechende Untersuchungen belegten" verlangt die gute wissenschaftliche Praxis tatsächlich Belege in Form von Literaturverweisen, die hier jedoch ausbleiben. Das Literaturverzeichnis selbst ist thematisch gegliedert, innerhalb der Themen aber nicht systematisch sortiert, sondern zum Teil alphabetisch, zum Teil chronologisch und zum Teil nicht nachvollziehbar sortiert. Die enthaltenen Literaturangaben sind teilweise unvollständig. Gerade bei einem Lehrbuch hätte man sich hier eine größere Sorgfalt gewünscht. Ein weiterer Wunsch für ein perfektes Lehrbuch wäre ein ausführliches bzw. passgenaueres Register oder sogar ein Glossar mit den wichtigsten Begriffen. In der jetzigen Form ist das Register nicht immer hilfreich. So wird das Stichwort Geschossflächenzahl auf Seite 75 definiert, das Register verweist jedoch auf Seite 134. Eine sehr gute Ergänzung für Studienanfänger stellt der Exkurs zu den Tätigkeitsfeldern und Ausbildungsgängen in der Stadtplanung dar.
Die eingangs formulierten Erwartungen, die das Werk von GERD ALBERS und JULIAN WÉKEL weckt, werden trotz der formalen Kritikpunkte voll und ganz erfüllt. Es handelt sich um eine spannende Lektüre, die den aktuellen Stand des Wissens zur Stadtplanung vermittelt. Die Tatsache, dass insbesondere GERD ALBERS im Laufe seines Lebens, er ist Jahrgang 1919, viele "Planungs-Moden" und Strömungen hat kommen und gehen sehen, schlägt sich in der reflektierten Art und Weise nieder, in der das Buch formuliert ist. In Kombination mit dem Praktiker JULIAN WÉKEL ist ein äußerst anschauliches Werk entstanden, das nicht nur als Einführung in das Studium der Stadtplanung, sondern auch als Fundgrube für Fotos, Karten und Skizzen ausdrücklich zu empfehlen ist.
Stefanie Föbker

Quelle: Erdkunde, 63. Jahrgang, 2009, Heft 2, S. 199-200


vgl. auch die Buchbesprechung von Hartmut Leser unter
http://www.raumnachrichten.de/ressourcen/buecher/898-stadtplanung