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Kategorie: Rezensionen

Erol Yildiz, Birgit Mattausch (Hg.): Urban Recycling: Migration als Großstadt-Ressource. Basel 2009 (Bauwelt-Fundamente, Band 140). 175 S.

 

"Das Glück der Erkennenden mehrt die Schönheit der Welt"
Friedrich Nietzsche (1881)



1. Erkenntnisglück und schöne neue Welt: Eine Einleitung
Erkenntnisse zur Migration gibt es viele, die meisten betrachten die durch Migration entstehenden Probleme - von der ethnischen Segregation bis zur Entstehung "sozial benachteiligter Quartiere". Das Thema ist allgegenwärtig in der medialen Berichterstattung, in wissenschaftlichen Verhandlungen und im Alltag jedes Einzelnen.

Auch die zeitgenössische Kunst beschäftigt sich mit diesem Thema. So nähert sich der dänische Photograph Joakim Eskildsen mit seinem Werk "Die Romareisen" der Migration über Bilder von beinah surreal anmutender Schönheit. Das Bemerkenswerte an den Photographien ist die Perspektive. Es ist ein Blick, der weder belehrt noch bewertet, sondern einer, der sich der Realität der Abgebildeten auf Augenhöhe annähert. Ingeborg Wiensowski vom Spiegel schreibt: "Eskildsen ist nicht voyeuristisch, er verlangt von seinen Porträtierten keine Pose, sondern zeigt deren Haltung" (Wiensowski 2009).
Auf eine wissenschaftliche Reise in die Welt der Migration begeben sich Erol Yildiz, Birgit Mattausch und elf weitere Autoren in dem 2009 erschienenen Sammelband Urban Recycling: Migration als Großstadt-Ressource. Die Herausgeber haben sich zum Ziel gesetzt, "Migration und Migranten" nicht für den "Niedergang städtischer Räume verantwortlich zu machen", sondern ihren "Beitrag zur Stadtentwicklung" aufzuzeigen (S. 14). Wie Eskildsen mit seinen Photographien wollen die Herausgeber die Perspektive wechseln - anstatt eines pauschalen Blicks von "außen" soll die Thematik von "innen" heraus betrachtet und der wesentliche "Beitrag von Migranten für die Entwicklung und Modernisierung marginaler Quartiere" (S. 12f.) als solcher gewürdigt werden. In seinem Vorwort spitzt Gerd Baumann diese positive Wertschätzung migrantischer Beiträge zur Stadtentwicklung sogar noch weiter zu, indem er sie umdreht und die These vertritt, dass "Städte" zu "Städtchen" verkommen, wenn sie "alle ‚Neuen' und alles Neue abwehren und abwerten" (S. 10). Er folgert: "Städte, die sich einschließen, schließen sich aus" (ebd.).

2. Zum Inhalt der Beiträge
Eröffnet wird die Liste der Beiträge mit einem lesenswerten Essay von Birgit Mattausch: Die Bronx im Kopf - Ein Mythos und die Kultur der Urbanität. In ihrem Beitrag spürt Mattausch den Bildern nach, die den Mythos jenes berühmten wie berüchtigten Stadtteil New Yorks geschaffen haben. Entsprechend der Zielstellung des Bandes betrachtet sie die Entwicklung dieser Bilder von innen heraus, indem sie die Eindrücke und Erinnerungen von (ehemaligen) Bewohnern einfängt. Die einzelnen Bilder arrangiert sie zu größeren Bildern von bestimmten Entwicklungsphasen der Bronx. Sie legt dar, wie dieser Stadtteil war und wurde, wie er sich durch und mit seinen Bewohnern wandelte, wie auch deren Migrationshintergrund die jeweilige Phase prägte und wie die verschiedenen Kulturen mit ihrer Kreativität und ihrer Fähigkeit, Krisen zu bewältigen, diesen Stadtteil bis heute prägen und dessen eigentliche Attraktion sind.
Einen ganz anderen Ansatz zur Auseinandersetzung mit Migration und Stadtentwicklung wählen Leon Deben und Jacques van de Ven. Auf nicht einmal zehn Seiten erzählen sie die Geschichte der Immigration Amsterdams seit 1579. In einer Art Koevolution mit der wirtschaftlichen Entwicklung kamen und gingen, lebten und arbeiteten unterschiedlichste Migranten in der niederländischen Metropole. Die Stadt diente als "Fluchthafen für religiös Verfolgte" (S. 42), als Ort des Bierbrauens und Brotbackens für Einwanderer aus Deutschland oder neue Heimat für Menschen aus den niederländischen Kolonien, wie Surinam und den Antillen. Und so war und ist die Immigration ein Träger der Wirtschaft dieser Stadt.
Eine nähere Betrachtung von Migranten in der Wirtschaftswelt nimmt Holger Floeting vor. Der Autor beschäftigt sich mit der Selbstständigkeit von Migranten und deren informellen Netzwerken. Die unterschiedlichen Funktionen von informellen Netzwerken bettet Floeting in drei Modelle zur Entstehung ethnischer Ökonomien ein und zeigt anschließend die positiven Effekte auf die Stadtentwicklung auf. Neben lokalen Beschäftigungseffekten leisten ethnische Ökonomien und die damit verknüpften informellen Netzwerke auch Beiträge zur sozialen Integration und zur Belebung der Stadtteile. Floeting schließt seinen Beitrag mit Handlungsempfehlungen, wie die herausgearbeiteten Potentiale von den Städten und Gemeinden genutzt werden könnten.
Von der Geschichte der Immigration in Amsterdam, über selbstständige Migranten und deren Netzwerke in Deutschland wird im vierten Beitrag noch stärker fokussiert. Robert Pütz beschäftigt sich mit türkischen Unternehmern in Berlin, deren Transkulturalität und der Herstellung kultureller Grenzen, wobei er schwerpunktmäßig deren strategischen Einsatz herausarbeitet. Anhand einer Analyse von biographischen Interviews widerlegt Pütz die "Annahme vermeintlich gegebener kultureller Grenzen" (S. 73) und legt dar, dass diese "nichts naturhaft Gegebenes" sind, "sondern Konstrukte, die diskursiv vermittelt sind und durch die Handlungspraxis (re-)produziert werden" (S. 77). Eine mögliche Reproduktion in der Handlungspraxis ist die flexible Anwendung der kulturellen Zugehörigkeit, zum Beispiel die einer Interviewpartnerin, die je nach Kontext mal "Kurdin" und mal "Sunnitin" (ebd.) ist und sich so verschiedene Kreise ökonomisch erschließen kann. Migranten, deren kulturelle Identität nicht den Vorstellungen ihrer ethnischen Gruppe entspricht, die "zu Deutsch" geworden sind und nicht in das dichotome Schema "Wir"/"Andere" passen, sind hingegen in ihrer wirtschaftlichen Entfaltung gefährdet (vgl. 71 ff.). Es bleibt festzuhalten, dass Identität und Zugehörigkeit nicht per se gegeben sind, dass die Selbstverortung des Einzelnen beachtet werden sollte und "Strategische Transkulturalität" eine "ökonomisch verwertbare Ressource" (S. 79; Herv. i. O.) sein kann.
In die Kette der Betrachtungen ethnischer Ökonomien reiht sich auch der fünfte Beitrag ein. Der Aufsatz von Michel Piraldi handelt vom ökonomischen Aufstieg, Fall und Wiederaufstieg der französischen Hafenstadt Marseille: "Marseille ist nicht einfach eine verblühende Stadt, es ist ein verlöschender Stern" (S.82). Piraldi beschreibt, wie die Stadt ihre wirtschaftliche Bedeutung und damit ihre ökonomische Basis verliert, wie sie um ihre Renaissance kämpft, betrachtet den Niedergang der Prachtstraße Canebière und widmet sich dem vitalen Wirtschaftsleben der Migranten, der "Ökonomie des Basars". Entgegen gesellschaftlicher und politischer Widrigkeiten wächst beispielsweise im Stadtteil Besunce ein ethnischer "Handelsstützpunkt" (S. 93), der die Tradition der einst bedeutenden Handelsstadt auf eine andere, nicht-französische Art und Weise fortsetzt. Dieser "Basar" bietet Beschäftigungsmöglichkeiten, erhält eine Verbindung mit den Ursprungsländern der Migranten, insbesondere den Maghreb-Staaten, aufrecht und wird damit zur einer Drehscheibe von Waren und einem Begegnungsraum von Kulturen.
Das vitalisierende Potential ethnischer Ökonomien kann auch in Deutschland beobachtet werden. So erfährt man im Beitrag von Erol Yildiz etwas über unterschiedliche Sichtweisen auf stark migrantisch geprägte Stadtviertel am Beispiel der Keupstraße in Köln-Mühlheim. Außenstehende verbinden mit dieser Straße vor allem die Begriffe "Ghetto" und "Parallelgesellschaft" (S. 105). Erol Yildiz setzt dem Mythos eines sozialbenachteiligten Quartiers eigene empirische Erkenntnisse entgegen und nimmt sich einer "verkannten Erfolgsgeschichte" (ebd.) an. In seiner Argumentation arbeitet der Autor das Potential der ethnischen Ökonomien heraus, die die Straße prosperieren und über die Grenzen Mühlheims hinaus zu einem Anziehungspunkt werden lassen. Die abschließende Forderung des Autors ist es, das Bild dieses Stadtteils in der öffentlichen Debatte zu korrigieren und Migranten als "Herzstück der urbanen Kultur und der lokalen Wirtschaft Kölns" (S. 114) stadtentwicklungspolitisch anzuerkennen.
Katrin Gliemann und Gerold Caesperlein widmen sich der Entwicklung eines Dortmunder Einwanderungsstadtteils im Verhältnis zur Gesamtstadt und betrachten dabei zwei Problemfelder: die Außenwahrnehmung des Stadtteils und die Strategien der Stadtplanung. Es wird erläutert, dass das Borsigviertel ein "Durchgangsstadtteil" (S. 130) mit einer sehr hohen Fluktuation der Bewohner ist, was eigentlich als negatives Kriterium erachtet wird, aber auch einen eigenen, positiven Wert haben kann, da der Stadtteil nicht zu einer ghettoartigen "Sackgasse" (S. 131) für die Bewohner wird. Die Autoren plädieren daher für eine Anerkennung dieser Durchgangsfunktion und eine entsprechend flexible Gestaltung der Infrastruktur, die den Bedürfnissen einer sich stets verändernden Bevölkerung Rechnung trägt. Dies würde ein Ende der Stigmatisierung und eine Neudefinition von Planungszielen erfordern. Ein weiteres Ziel wäre es, "prestigeträchtige Institutionen und Betriebe" (S. 133) anzusieden, die bislang vor allem den "'besseren' Vierteln" (ebd.) vorbehalten blieben.
Eine "andere Logik sozialräumlicher Segregation" (S. 137) aufzustellen, ist das Anliegen von Angela Stienen. Die Konzentration sozialschwächerer und ausländischer Bevölkerung am Stadtrand von Bern lädt zu Problematisierungen und Forderungen nach sozialer Mischung ein. Stienen will dieser Logik jedoch nicht folgen. Sie führt aus, dass in den 1970er und 80er Jahren Einwanderer aus Südeuropa von der Mehrheitsgesellschaft "als randständig diskriminiert oder kriminalisiert" (S. 155), zugleich aber von der Alternativszene idealisiert wurden. Der Lebensstil der eingewanderten Spanier und Italiener war für alternative Schweizer ein willkommener Gegenentwurf zur biederen Bürgerlichkeit. Heute gehört "Italienatà" (ebd.) zum Berner Stadtbild, die fremde Kultur wurde zunehmend zur eigenen. Konflikte bestehen im betrachteten Stadtteil vor allem zwischen Neu-Eingewanderten und den oftmals selbst eingewanderten Angehörigen des Arbeitermilieus. Letztere sehen sich als Hüter einer mittlerweile hegemonialen Lebensweise - und Hegemonien, so zeigt der Beitrag, ändern sich.
Wie Stadtentwicklung im Einwanderungsland Kanada aussehen kann, wissen Detlev Ipsen und Holger Weichler im abschließenden Beitrag zu berichten. In Toronto ist das, was Yildiz und andere in ihren Beiträgen fordern, bereits Realität: Kulturelle Vielfalt ist ein offizielles Leitbild der Stadtentwicklung. In Toronto glaubt man an die positive Wirkung von Einwanderung, die das Bevölkerungswachstum aufrecht erhält und zur wirtschaftlichen Dynamik beiträgt. Am Beispiel von Greektown on the Danforth wird ein anderer Umgang mit Ethnizität deutlich. In Greektown ist das Griechische werbendes und nicht schreckendes Moment im Straßenbild, schon die Straßenschilder markieren eindeutig das Gebiet, das als belebtes und beliebtes Ausgehviertel von seinem ethnischen Image profitiert.

3. Für und Wider - Eine kritische Betrachtung
Es ist ein ehrbares Anliegen, nicht immer nur die Schattenseiten von Einwanderung zu verhandeln. Um dieses Anliegen umzusetzen bedarf es überzeugender Beiträge, wie die von Detlev Ipsen und Holger Weichler zu kulturellen Clustern in Toronto oder von Katrin Gliemann und Gerold Caesperlein zum Verhältnis von Einwandererstadtteilen zur Gesamtstadt. Beide Beiträge stimmen nicht nur positiv, sondern geben auch klare Ansatzpunkte für ein Umdenken und ein neues Paradigma in der Stadtentwicklungspolitik.
Auch der Beitrag von Birgit Mattausch ist sehr lesenswert und spannend, basiert aber auf subjektiven Schilderungen einzelner Bewohner, weshalb hier die Frage gestellt werden sollte, inwiefern die Ergebnisse generalisierbar sind. Noch deutlicher wird diese Problematik bei Angela Stienen, die ihre Argumentation ebenfalls auf Einzelbeispiele stützt und so die Entwicklung sich wandelnder Hegemonien im Berner Nordquartier zwar anschaulich, aber doch sehr exemplarisch illustriert, weshalb die aus den Interviews gezogenen Ableitungen nur teilweise nachvollzogen werden können. Bei Robert Pütz wechseln sich längere Interviewpassagen mit Interpretationen ab, die derart mit soziologischem Fachvokabular angereichert sind, dass sie fast abstrakt erscheinen. Nichtsdestotrotz bietet der Beitrag dem geneigten Leser einen guten Einstieg in kulturelle Dimensionen einer urbanen Ökonomie. Diese Beiträge folgen dem Ansatz der Betrachtung des Themas von "innen" und sind dementsprechend im Einklang mit der Zielstellung des Bandes.
Ein Beitrag, der nicht Gefahr läuft, sich in den Lebenswelten einzelner Migranten zu verlieren, ist der zur Immigrationsgeschichte Amsterdams von Leon Deben und Jacques van de Ven. Es mag überraschen, aber diese historische Miniatur gelingt. Eine soziologische Tiefe ist natürlich nicht möglich und in diesem Falle auch gar nicht notwendig. Die Stärke dieses Beitrags liegt nämlich darin, sich nicht in Details zu verlieren und dennoch einen fundierten historischen Überblick zu geben und die Immigrationsgeschichte mit der Wirtschaftsentwicklung der niederländischen Metropole zu verknüpfen. So kann am Beispiel Amsterdams sehr gut nachvollzogen werden, was die Autoren am Ende resümieren, nämlich dass Einwanderung "unlösbar verbunden mit dem Wohlstand und dem Wohlergehen dieser Stadt" (S. 51) war und ist. Einen kürzeren Zeitraum überblickt Michel Piraldi in seiner Abhandlung zu Marseille, die sowohl vom räumlichen und zeitlichen Bezugsrahmen als auch thematisch gut gewählt und erzählt ist, erstaunlicherweise aber ohne Quellen auskommt.
Hervorzuheben ist der Beitrag von Holger Floeting, der einen sehr guten Überblick über den Nutzen informeller Netzwerke im Kontext ethnischer Ökonomien bietet. Pointiert zeigt er die Bedeutung für die lokale Wirtschaft und die Integration von Migranten auf und liefert mehrere plausible Ansatzpunkte für die praktische Nutzung dieser Potentiale. Die politische und gesellschaftliche Anerkennung dieser Potentiale für die Stadtentwicklung erscheint mehr als wünschenswert.
Die Argumentation von Erol Yildiz ist sehr glaubhaft und gut nachvollziehbar und der Beitrag auch sprachlich überaus lesenswert, sodass der Leser für eine Weile in das Alltagsleben Köln-Mühlheims eintauchen und die Prozesse dort gewissermaßen miterleben kann. Allerdings läuft der Autor Gefahr, durch eine zu starke Betonung der positiven Effekte ins "wishful thinking" zu entgleiten, bleibt mit seiner Argumentation aber letztlich immer am Boden und legt insgesamt viel Plausibilität in seine Forderung, dass "die Entwicklung solcher Quartiere offiziell als Leistung der Einwanderer anzuerkennen" (S. 114) sei.

4. Migration als Großstadt-Ressource unserer Zeit?
Die Lektüre des vorliegenden Bandes hinterlässt ein beinah wohliges Gefühl. So wie die Roma in Eskildsens Photographien auf den ersten Blick in einer pittoresken Idylle zu leben scheinen, wirken auch Migranten und ihre Ökonomien in ein so gutes Licht für die Stadtentwicklung gerückt, dass jede Kritik verstummen müsste. Aber das Leben der Roma ist nicht immer idyllisch und Migration nicht primär positiv besetzt. Der Leser gerät ein wenig in ein Dilemma: Wie lassen sich die aufgezeigten positiven Perspektiven mit den bekannten Problemen vereinen? Probieren wir es einmal mit einer längeren Fassung des eingehenden Zitats:

"Das Glück der Erkennenden mehrt die Schönheit der Welt und macht Alles, was da ist, sonniger; die Erkenntnis legt ihre Schönheit nicht nur um die Dinge, sondern, auf die Dauer, in die Dinge; - möge die zukünftige Menschheit für diesen Satz ihr Zeugnis abgeben!"
Friedrich Nietzsche (1881)

Im gegebenen Kontext könnte man dieses Zitat so interpretieren: Die Erkenntnis, dass sich Migration positiv auf die Stadtentwicklung auswirkt, könnte perspektivisch dazu führen, dass durch eine veränderte Wahrnehmung und Wertschätzung dieser Wunsch zur Wirklichkeit wird und die zukünftige Menschheit es tatsächlich vermag, Migration als Großstadt-Ressource zu nutzen. Dann wäre es gewissermaßen eine selbsterfüllende Prophezeiung.
In jedem Fall ist die Perspektive das entscheidende Moment, zum einen als Blickwinkel, zum anderen als zeitliche Dimension. Folgt man beispielsweise der Argumentation von Gliemann und Caesperlein, wären migrantisch geprägte Stadtteile mit einer sehr hohen Fluktuation in ihrer eigenen Wertigkeit anzuerkennen und zu fördern. Planung und Politik müssten sich von alten Werten und Paradigmen verabschieden und eine neue Sichtweise wagen. Dies könnte im Lauf der Zeit zur Aufwertung dieser Stadtteile im besten Sinne führen. Angesichts der vielen Misserfolge im politisch-planerischen Umgang mit Migration, täte ein Perspektiv- und vor allem ein Paradigmenwechsel dringend Not.
Dabei sollte man nicht zu sehr einer Vorstellung von Migrantenvierteln als schöne neue Idylle unserer Zeit verfallen, sich aber gleichwohl dem Dilemma stellen, dass sehr unterschiedliche Sichtweisen auf Migration und Stadtentwicklung existieren, so wie es auch sehr unterschiedliche Realitäten gibt. Alte, bekannte Probleme könnten also aus anderen Blickwinkeln neu durchdacht und angegangen werden. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, zu der dieses Werk einen sehr lesenswerten Beitrag leistet.


Literatur
Nietzsche, Friedrich (1881): Morgenröte - Gedanken über die moralischen Vorurteile. 5. Buch: Erkenntnis und Schönheit.
Wiensowski, Ingeborg (2009): Foto-Ausstellung "Die Romareise". Dreck, Elend, Stolz. Spiegel Online 17.11.2009.

Martin Sondermann



Zitierweise:
Martin Sondermann: Rezension zu: Erol Yildiz, Birgit Mattausch (Hg.): Urban Recycling: Migration als Großstadt-Ressource. Basel 2009 (Bauwelt-Fundamente, Band 140). 175 S.  In: raumnachrichten.de http://www.raumnachrichten.de/ressourcen/buecher/1146-bauwelt