Faith Kihiu: Women as Agents of Democratisation. The Role of Women’s Organisations in Kenya (1990-2007). Münster 2010. 248 S.

Die Demokratisierung in Afrika während der 1990er Jahre weckt bis heute das Interesse von WissenschaftlerInnen. Das betrifft insbesondere Länder, in denen die demokratische Entwicklung immer wieder auf eine harte Probe gestellt wird. So geriet Kenia wegen der gewaltsamen  Ausschreitungen nach den Wahlen Ende 2007 weltweit in Misskredit. Umso wichtiger sind Studien, die detailliert die komplexen Chancen und Probleme der Demokratisierung untersuchen und dabei nach den Potenzialen zivilgesellschaftlicher Gruppierungen zur Gestaltung politischer Prozesse fragen.

In diesen Kontext ist die vorliegende Studie einzuordnen. Die Publikation der kenianischen Politikwissenschaftlerin basiert auf ihren empirischen Forschungen in den Jahren 2001 und 2007, die sie zu einer Dissertation ausbaute, mit der sie 2009 an der Universität Frankfurt a.M. promovierte.

Das Buch gliedert sich in insgesamt acht Kapitel, wobei die ersten zwei methodische, konzeptionelle und begriffliche Fragen behandeln. Ihre Begriffsanal yse konzentriert die Autorin auf die Auseinandersetzung mit den Defi nitionen von Demokratie, Zivilgesellschaft und Frauenorganisationen; dies sind die Kernbegriffe der gesamten Studie. Das dritte Kapitel widmet sie dem Spannungsverhältnis zwischen politischer Partizipation und Staat in Afrika.

Darauf aufbauend erläutern alle folgenden Kapitel die Demokratisierungsprozesse, die politische Bedeutung der Zivilgesellschaft und die Entwicklung von Frauenorganisationen in Kenia. Als roter Faden ziehen sich die Perspektiven der Geschlechterforschung durch die Studie. So ordnet Faith Kihiu das politische Handeln kenianischer Frauen in unterschiedliche Phasen der kolonialen und nachkolonialen Entwicklung ein und setzt es mit den parteipolitischen Dynamiken in Beziehung. Zeitliche Zäsuren sind die politische Unabhängigkeit Kenias 1963, die Ein-Parteien-Regierung bis Anfang der 1990er Jahre und die Gestaltung des Mehrparteien-Systems seit 1992. Darüber hinaus stellt sie Bezüge zur internationalen Frauendekade (1975-1985) und zu den Abschlussdokumenten der Weltfrauenkonferenzen her. Dabei hebt sie die Aktionsplattform der UN-Frauenkonferenz 1995 in Peking besonders hervor. Diese Plattform sei eine wichtige Basis für frauenpolitisches Handeln und die rechtspolitische Lobbyarbeit kenianischer Frauenorganisationen. Die Autorin zeigt auf, inwieweit die verstärkte personelle Repräsentanz von Frauen in Parteien und auf Regierungsebene eine Grundlage für die Durchsetzung frauenpolitischer Forderungen bildete. Sie erläutert die Mitwirkung von Frauen an der Verfassungsreform und würdigt die impulsgebende Bedeutung von Frauenorganisationen für die Menschenrechtsarbeit. An fünf Organisationen legt sie exemplarisch das Spektrum der politischen und rechtlichen Arbeit sowie deren Handlungsspielräume und -grenzen dar. Zudem setzt sie sich mit den Hindernissen bei der Verwirklichung von Fraueninteressen auseinander, beispielsweise mit diskriminierenden Interpretationen von Traditionen und lokalen Erbrechtsregeln.

Kritisch anzumerken ist, dass die Studie kontroverse politische Positionen und daraus resultierende Konflikte zwischen unterschiedlichen Frauenorganisationen nur kurz anspricht, aber nicht genauer untersucht. Zudem hätte sie durch eine bessere Verknüpfung von Schwerpunkten und Ergebnissen der einzelnen Kapitel gewonnen. Dessen ungeachtet ist das Buch ein Beitrag zur Erforschung afrikanischer Frauenorganisation aus der Perspektive einer lokalen Wissenschaftlerin, der zur ertieften Auseinandersetzung anregt.
Rita Schäfer

Quelle: Peripherie, 31. Jahrgang, 2011, Heft 120, S. 107-109