Karoline Brombach:Karoline Brombach: Der Baumarkt Der Baumarkt. Standortstruktur und Morphologie eines Bautyps zwischen den Zentren und Ansätze zu seiner Qualifizierung. Detmold (Stadt+Landschaft 01) 2010. 290 S.

"Wie, wo, was, weiß Obi" oder auch "20% auf alles - außer Tiernahrung" - wir alle kennen diese Werbesprüche der großen Baumarktketten in Deutschland. Sie verfolgen uns bundesweit im Fernsehen oder im Radio, in den Tageszeitungen oder im Internet. Sie sind ein Zeichen dafür, wie sich Baumärkte zu nationalen, teilweise sogar internationalen Konzernen entwickelt haben.

Spielte sich der Heimwerkermarkt vor 50 Jahren noch in örtlichen Baustoff- und Eisenwarenhandlungen ab, so hat sich inzwischen eine Baumarktbranche herausgebildet, die meist randstädtische Standorte in einer eigenen Gebäudetypologie nutzt.

Die Standortstruktur und die Morphologie des Bautyps sind die beiden zentralen Untersuchungsgegenstände in einer Dissertation zu Baumärkten. Karoline Brombach hat ihr fast 300 Seiten umfassendes Werk am Städtebau-Institut der Universität Stuttgart geschrieben, was auf ihre berufliche Herkunft als Architektin und Stadtplanerin hindeutet. Damit ist nach der Dissertation von Angela Uttke zu den Lebensmitteldiscountern jetzt in kürzester Zeit eine zweite interessante Arbeit außerhalb der Geographie erschienen, die sich ebenfalls mit einem speziellen Typ von neuen Handelseinrichtungen auseinandersetzt.

In ihrer hervorragend strukturierten und außerordentlich anregenden Dissertation erhält der Leser viele Informationen zu diesem neuen Handelszweig. Im zweiten Abschnitt ordnet Karoline Brombach die Entwicklung der Baumärkte zunächst historisch und gesellschaftlich ein. Dabei werden viele verschiedene Aspekte erläutert, die zur rasanten Entwicklung der Baumärkte seit den 1960er Jahren beigetragen haben und im Ergebnis dazu geführt haben, dass es in Deutschland heute rund 2.500 Baumärkte mit durchschnittlich 5.000 m2 Verkaufsfläche gibt. Einer der vielen grundsätzlichen Aspekte, die sie in diesem Teil anspricht, ist die Kostenersparnis beim Heimwerken, die ganz treffend auch als "Muskelhypothek" bezeichnet wird und die die Bildung von Wohneigentum erleichtert.

Der dritte Abschnitt dient dann der Einordnung von Baumärkten in das Wirtschaftsgeschehen und führt ebenso wie der zweite Abschnitt zu den eigentlichen Fragen der Dissertation hin. Hier erfährt der Leser einiges Wissenswerte über die neue Branche, das zum Verständnis der Standorte und des Erscheinungsbildes von Baumärkten recht hilfreich ist. Beiläufig führt die Autorin hier auch in die eigene Terminologie der Baumarktbranche bzw. des "Do-it-yourself-Sektors" (DIY) ein - so lernt der Leser, mit den Begriffen der "Megastores" oder "Schnelldreher", des "overstoring" oder der "Beratungsinseln" in den Baumärkten umzugehen.

Im vierten Abschnitt geht es in allgemeiner Form um die Standortanforderungen von Baumärkten. Dabei wird hier vor allem die planerische Steuerung mit den verschiedenen Instrumenten ausführlich und kenntnisreich dargestellt. Es wird deutlich, wie Baumärkte als Teil des Fachmarktsegments im rechtlichen Regelungssystem von Raumordnung und Städtebau beurteilt werden und ihre Ansiedlung in nicht-integrierten bzw. teilintegrierten städtebaulichen Lagen möglich geworden ist. Karoline Brombach erweist sich hier als eine versierte Expertin für die Erklärung der Standortmuster. Die Aussagen zur Morphologie bzw. zum äußeren Erscheinungsbild der Baumärkte, die als zweites zentrales Erkenntnisinteresse angekündigt waren, bleiben an dieser Stelle leider noch etwas knapp. So wird zwar immer wieder angedeutet, dass Baumärkte ein wesentliches Element der Zwischenstadt sind und am Rande der Städte auch bei Baumärkten Gestaltungsfragen bisher vernachlässigt wurden, doch eine eigene systematische Darstellung dieser Gestaltungsaspekte jenseits der Beschreibung von Standortfaktoren fehlt in diesem Abschnitt. Um etwas über den Aspekt der architektonischen und städtebaulichen Gestalt von Baumärkten zu erfahren, muss sich der Leser gedulden und sich zunächst auf die beiden Fallstudien einlassen.

So wird im fünften Teil der Arbeit die Entwicklung der Baumärkte ausführlich und gründlich für die beiden Regionen Stuttgart und Westsachsen nachgezeichnet. Die beiden Untersuchungsräume sind geschickt gewählt, weil die regionalen Besonderheiten der Standortstruktur von Baumärkten in West- und Ostdeutschland kontrastreich herausgearbeitet werden können. Es wird hier einerseits deutlich, dass eine Region mit hohen Bodenpreisen und einer dichten Siedlungsstruktur zu einer höheren Grundstücksauslastung mit Rückwirkungen auf das Erscheinungsbild der Baumärkte führt. Andererseits zeigt sich, dass auch unterschiedliche Einstellungen in der planerischen Steuerung auf die verschiedenen Standortmuster der Baumärkte wirken. Mit ihren beiden Fallstudien kann Karoline Brombach einen gewichtigen Beitrag zur räumlichen Differenzierung der baulichen Gestaltung in Deutschland leisten.

Schließlich greift Karoline Brombach im sechsten Teil ihrer Arbeit den Aspekt der Morphologie von Baumärkten, also den Aspekt des äußeren Erscheinungsbildes ausdrücklich auf. Sie hat sich für diesen Teil 22 Beispiele aus dem In- und Ausland gesucht und systematisiert Konflikte der Gestaltung entlang der vier Aspekte ‚Flächenverbrauch und -versiegelung', ‚Erschließung und Orientierung auf dem Grundstück', ‚visuelle Wirkung durch Farbe und Werbeträger' sowie ‚Baukörper und Bezug zum Umfeld'. In diesem Teil stehen Lösungsansätze im Sinne von best practice im Vordergrund. Angedeutet wird allerdings schon, wie etwa Modulbauweisen oder Aspekte des corporate design die bauliche Gestaltung beeinflussen und eine hochwertige Gestaltung dadurch in der Regel verhindert wird. Dieser Teil wird durch zahlreiche Fotos zu den einzelnen Aspekten der Gestaltung sowie kleine Handzeichnungen, die die Konflikte andeuten, recht anschaulich.

Insgesamt ist die Arbeit außerordentlich lesefreundlich gestaltet. Dies gilt zum einen für den flüssig formulierten Text, zum anderen aber auch für das sehr angenehme Layout des gesamten Bandes. Dazu gehört die graphische Gestaltung ebenso wie die vielen Fotos und die aussagekräftigen Karten.

Karoline Brombach zeigt mit ihrer stimmigen Arbeit hervorragend die enge Verbindung zwischen der Geographie des Einzelhandels, der Stadtgeographie, der Architektur, dem Städtebau und der Raumplanung. Ihre Arbeit liegt auf der Schnittstelle dieser Fachdisziplinen. Indem sie die Erkenntnisse dieser Disziplinen zusammenführt, eröffnet sie eine äußerst interessante Studie zu einem alltäglichen und bisher wenig beachteten Bautyp. Die Arbeit zeigt schließlich in einer feinfühligen und keineswegs arroganten Expertensicht, welche fatalen räumlichen und baulichen Folgen eine Geschäftspolitik hat, die eine Kosteneffizienz und Zweckarchitektur in den Vordergrund ihres Handelns stellt. Die Aussage eines Baumarktbetreibers in einer Fußnote der Arbeit zeigt dieses Dilemma deutlich: "Unsere Architektur darf natürlich nicht zu teuer aussehen, sonst verliert unser Preis-Leistungs-Verhältnis an Glaubwürdigkeit." Wie dieses Zitat sind es auch die eigenen Werbesprüche der Baumarktketten - etwa: "Praktiker - hier spricht der Preis" -, die einiges über die Standortstruktur und die Morphologie der Baumärkte verraten können, die in dieser ausgesprochen empfehlenswerten Dissertation so sorgfältig herausgearbeitet werden.
Claus-C. Wiegandt (Bonn)

Quelle: Erdkunde, 65. Jahrgang, 2011, Heft 1, S. 86-87