Hermann Bömer, Eike Lürig, Yasemin Utku, Daniel Zimmermann (Hg.): Stadtentwicklung in Dortmund seit 1945. Von der Industrie- zur Dienstleistungs-und Wissenschaftsstadt. Dortmund (Dortmunder Beiträge zur Raumplanung 135). 2010. 478 S.  

Die Stadt Dortmund kann für sich in Anspruch nehmen, eine der am besten erforschten Städte in Deutschland zu sein. Dazu trägt jetzt auch der jüngste Sammelband der Blauen Reihe des Dortmunder Instituts für Raumplanung bei. Der über 400 Seiten umfassende Sammelband setzt sich intensiv mit der Nachkriegsentwicklung der Stadt in ihren vielen Facetten auseinander. In 39 Beiträgen präsentieren zahlreiche Mitarbeiter der Dortmunder Raumplanungsfakultät, der vielen örtlichen Planungsbüros sowie der Dortmunder Stadtverwaltung den gewaltigen Strukturwandel, den die Stadt in den letzten Jahrzehnten durchgemacht hat.

 

Bei 39 Beiträgen bleibt es nicht aus, dass sich einige Aspekte in den einzelnen Beiträgen wiederholen. So ist mal vom Dreiklang, mal vom der Trias und dann auch wieder vom Triumvirat aus Kohle, Stahl und Bier zu lesen, die den Aufschwung Dortmunds nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst ganz wesentlich geprägt haben. Gleichzeitig wird in einigen Beiträgen auch deutlich, dass diese drei Wirtschaftszweige in den letzten Jahren fast bedeutungslos geworden sind und sich eine neue Wirtschaftsstruktur eingestellt hat, die ganz wesentlich von einem neuen Dreiklang aus Technologie, Wissenschaft und Dienstleistungen bestimmt wird. In einigen Beiträgen wird erkennbar, welche enormen Anstrengungen erforderlich waren, die Aufgabe des Steinkohlenbergbaus Ende der 1980er Jahre und die Stilllegung der drei großen Stahlwerke bis Ende der 1990er Jahre zu kompensieren. Dadurch, dass die einzelnen Autoren in unterschiedlicher Weise in diesen Strukturwandel eingebunden waren und damit die Perspektiven der Betrachtung variieren, aus denen die Veränderungen in der Stadt beleuchtet werden, sind die zeitweiligen Wiederholungen in dem Sammelband aber leicht zu verkraften.

Der Sammelband beschränkt sich nicht nur auf den wirtschaftlichen Strukturwandel der Stadt. Er setzt sich auch mit anderen stadtentwicklungspolitisch relevanten Themenfeldern auseinander. Dazu gehören u.a. klassische Themen wie Wohnungswesen und Einzelhandel, Stadtverkehr und Bildungswesen. Aber auch speziellere Themen werden interessant dargestellt. So lernt der Leser etwa, dass der Westfalenpark in der Nachkriegszeit gleich dreimal Ausrichter einer Bundesgartenschau gewesen ist oder der Dortmunder Regionalflughafen sehr strengen Auflagen beim Nachtflug unterliegt. In anderen Beiträgen geht es um die Entwicklung von Teilräumen in der Stadt. Zu diesen Beiträgen gehört etwa die Darstellung des Brückstraßenviertels, das in den letzten Jahren in Szene gesetzt wurde. Außerdem gibt es Beiträge, die die politischen Rahmenbedingungen des Strukturwandels beleuchten. Die Rolle der Lokalpresse wird hier beispielsweise ebenso dargestellt wie die Entwicklung der kommunalen Planungsverwaltung.

Insgesamt dokumentiert der Sammelband eindrucksvoll, dass sich der Strukturwandel in Dortmund nicht von alleine eingestellt hat. In vielen Beiträgen wird die Rolle der Planung betont, wobei deutlich wird, dass sich die Gestaltung des Strukturwandels über die Jahre verändert hat. Das "dortmund-project" unterscheidet sich von der integrierten Entwicklungspolitik, die schon in den 1960er Jahren einsetzt und auch heute in der Stadtentwicklung noch eine wichtige Rolle spielt. Insgesamt wird dem Leser trotz der Beschäftigung mit den vielfachen Problemen der Stadt ein recht positives Bild von Dortmund vermittelt. Dies ist zum einen sicherlich dadurch zu erklären, dass einige Autoren in die Politik der Gestaltung des Strukturwandels eingebunden waren. Zum anderen zeigt dies aber auch, dass die Dortmunder Raumplaner eine besondere Beziehung zu ihrer Stadt aufgebaut haben.
Claus-C. Wiegandt

Quelle: Erdkunde, 65. Jahrgang, 2011, Heft 2, S. 223