Albrecht Steinecke: Populäre Irrtümer über Reisen und Tourismus. München 2010. 282 S.

Diese Monographie verkörpert etwas Besonderes, steht sie doch zwischen einem quasi getarnten Lehrbuch und einem populärwissenschaftlich aufgemachtem, ja in Teilen wirklich unterhaltsam geschriebenem touristischen Nachschlagewerk fur jedermann. Schon das Titelbild, mit dem das gängige Stereotyp des Massentouristen stark überzeichnet wird, zeugt davon. Ein weiteres Indiz ist die unlängst erfolgte Rezension im Reiseteil der Wochenzeitung "Die Zeit", die den Fachjournalisten und der besonders häufig reisenden Bildungsbürgeröffentlichkeit nicht entgangen sein dürfte.

 

Man fragt sich allerdings, weshalb der Verlag fur den Adressatenkreis nicht mehr Farbe ins Spiel gebracht und durchgehend schwarz-weiß gedruckt hat. Das logisch stringent gegliederte, 200 Textseiten umfassende Buch ist bestens aufgemacht und reich illustriert. Zum Thema passend finden sich am Schluss eines jeweiligen Abschnittes Randspalten sowie Kastentexte mit weiterführenden Hinweisen auf Internetquellen, Fachzeitschriften oder sonstige interessante Fallbeispiele. Außerdem werden sachlich zugeordnete Literaturtipps gegeben und eine kleine Zusammenfassung mit der Überschrift "kurz und bündig" präsentiert.

Der Verfasser unterteilt seine Schrift in 15 Kapitel, die - so die naheliegende Annahme, für die allerdings kein empirischer Beleg geliefert wird - mit den gängigsten "populären Irrtümern über Reisen und Tourismus" (siehe Titel) korrespondieren. Eine gelungene Verpackung, denn sie macht neugierig und regt zum Lesen an. Zu den Tatbestandsanalysen, die sich der Autor dabei systematisch vornimmt, zählen unter anderem "Die Deutschen sind Reiseweltmeister", "Die Mehrzahl der Urlauber sind Neckermanner oder TUIristen", "Der Tourismus zerstört zwangsläufig die Umwelt" oder "Wer in der Tourismusbranche arbeitet, ist ständig auf Reisen". Gewagte Hypothesen dieser Art werden kompetent erörtert sowie zumeist widerlegt.

Der im Vorwort formulierte hohe Anspruch: "Die einzelnen Kapitel fügen sich letztlich in einem vollständigen Puzzle zusammen - und bieten damit einen umfassenden Überblick über aktuelle Fragestellungen und Ergebnisse der Tourismusforschung" kann jedoch nicht immer ganz erfüllt werden, was etwa die Aktualität zitierter wissenschaftlicher Studien und deren Ergebnisse anbelangt. Zudem fehlt es an einer theoretischen Erörterung, warum uberhaupt gereist wird. Doch sei es drum - die innovative Idee des Autors sollte durch reichliche Lektüre des Buchs belohnt werden, denn sie rentiert sich auf jeden Fall für Lehrer und solche, die es noch werden wollen, fur Bachelor-Studierende, Reisejournalisten und Touristikpraktiker sowie nicht zuletzt hoffentlich auch für den einen oder anderen Touristen selbst (in dessen Rolle wir uns ja alle hin und wieder befinden).
Hubert Job, Würzburg

Quelle: Zeitschrift für Wirtschaftsgeographie Jg. 56 (2012) Heft 3, S. 205-206