Philip Barcley: Zimbabwe. Years of Hope and Despair. London 2010. 234 S.

Zwar hat die Einheitsregierung von Zimbabwe African National Union – Patriotic Front (ZANU-PF) und Movement for Democratic Change (MDC) zu einer Entspannung der politischen und wirtschaftlichen Lage in Zimbabwe geführt. Dennoch ist durchaus zu befürchten, dass sich die Gewalt, die das Land im Frühjahr und Sommer 2008 erschütterte, bei den für 2012 oder 2013 anvisierten Wahlen wiederholt. Ursachen, Ziele und Merkmale der von der Mugabe-Regierung lancierten Repression behandelt Philip Barcley im vorliegenden Buch.

Der Autor arbeitete von 2006 bis 2009 für die britische Botschaft in Harare. Während dieser Zeit reiste er als Wahlbeobachter durch das Land, hörte bei Prozessen gegen Oppositionelle zu, sprach mit politischen Gefangenen sowie ranghohen Politikern der ZANU-PF und einfachen Staatsbediensteten. Er bettet die Gewalt des Jahres 2008 in den Rahmen der seit 30 Jahren andauernden Herrschaft Robert Mugabes ein und vermittelt somit auch Lesern, die sich bisher nicht näher mit Zimbabwe beschäftigt haben, in welchem Kontext die Ereignisse der jüngsten Vergangenheit zu sehen sind.

Nach dem Ende der Kolonialherrschaft war der Staat seit den 1980er Jahren durch Menschenrechtsverletzungen geprägt; Gewalt stellte das zentrale Mittel des Machterhalts der Regierung dar: Zwischen 1983 und 1985 fielen mindestens 20.000 Zimbabwer dem „Gukurahundi“-Terror zum Opfer. Wirtschaftlich stagnierte das Land. Mitte der 1990er Jahre nahm der Unmut der Veteranen des Unabhängigkeitskrieges angesichts der fortwährenden materiellen Ungleichheit zwischen Weißen und Schwarzen zu. Zudem unterstützten verschiedene Schichten der Bevölkerung mit dem MDC eine Oppositionspartei, die der Vormacht der ZANU-PF gefährlich zu werden drohte. Zwecks Machtsicherung erschien der Mugabe-Regierung ein gewaltsames Vorgehen gegen weiße Farmer als bester Schritt: Den Kriegsveteranen konnten materielle Vorteile durch Farmbesetzungen in Aussicht gestellt werden. Eine vermeintliche Verschwörung der weißen Farmer mit der britischen Regierung und dem MDC zur Rekolonisierung Zimbabwes sollte die Zustimmung der Bevölkerung sichern. Als der MDC 2008 trotz Einschüchterung, Gewalt und Wahlmanipulation anscheinend die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gewann und Mugabe zum Machtverzicht bereit war, übernahmen seine Generäle kurzzeitig die Macht und drängten Mugabe zum Verbleib im Amt. Mit massiver Gewalt gingen sie gegen den MDC und dessen vermeintliche Anhänger vor, denn sie fürchteten im Falle eines Regierungswechsels eine strafrechtliche Verfolgung für die von ihnen seit den 1980ern angeordneten Verbrechen.

So überzeugend diese Darstellung der Mugabe-Herrschaft auch ist, es zeigen sich doch typisch westliche Vorurteile gegenüber Afrika: Die in Vergleich zu Thabo Mbeki konfrontative Haltung Jacob Zumas gegenüber Mugabe ergebe sich, so der Autor, daraus, dass Zuma zur gleichen Ethnie wie die meisten von Mugabes Opfern gehöre. Ohne zu leugnen, dass Ethnizität in vielen afrikanischen Ländern eine große Bedeutung spielt, sollte man nicht wie Barcley darüber hinwegsehen, dass Ethnizität ein politisch motiviertes Konstrukt ist. Sie als natürliche Konstante afrikanischer Gesellschaften darzustellen, entspricht weder der Realität noch dem Stand politikwissenschaftlicher Forschung. Auch die These, dass sich Gewaltförmigkeit der Machtsicherung und Intellektuellenfeindlichkeit aus der Nähe der ZANUPF zur Volksrepublik China und zum Maoismus erkläre, ist erstens gewagt und zweitens unzureichend ausgeführt. Durch diese These entsteht der Eindruck, dem Autor gehe es eher darum, die Gewalt in Zimbabwe in das ideologische Gerüst des Antikommunismus zu stellen. Daher verwundert es nicht, dass Barcley Sowjetkommunismus, Maoismus und die Herrschaftspraktiken der Roten Khmer nicht näher differenziert. Dieses Vorgehen dient nicht der sachlichen Analyse, sondern der Diskreditierung.

An anderer Stelle ist der Autor wiederum in der Lage, seine persönlichen Ansichten zu relativieren: Den weißen Farmern – seit 2000 Opfer gewaltsamer Farmbesetzungen – gegenüber zeigt Barcley Sympathie. Trotzdem verschweigt er den unter ihnen verbreiteten Rassismus nicht. Er führt überzeugend aus, dass sich Mugabe und seine Partei kaum bis heute an der Macht hätten halten können, wären die weißen Farmer nach 1980 bereit gewesen, am Aufstieg einer ländlichen Mittelschicht durch Wissens und Landtransfer mitzuwirken. Hiermit legt Barcley eine auch für andere Staaten des südlichen Afrika spannende Hypothese vor, die näher zu untersuchen sich lohnt. Ebenso erwähnt er, dass westlicher Druck auf die zimbabwische Regierung kontraproduktiv ist. Zwar beugt er hierdurch oft wenig hilfreichen Überlegungen zu einem von außen erzwungenen Machtwechsel vor. Doch bietet er keine Alternative an. Man sollte Zimbabwe daher weder als politikwissenschaftliche noch als politikberatende Analyse lesen. Eine abschließende Bewertung der Strategien von westlichen Regierungen, von Mitgliedern der Southern African Development Community und vom MDC enthält das Buch nicht. Damit ist es ein stark persönlich gefärbter Bericht eines Diplomaten, der aus seiner westlichen Perspektive Vergangenheit und Gegenwart des Landes zu erklären versucht. Sein wenig erbaulicher, aber doch besonderer Wert liegt neben der detaillierten und anschaulichen Schilderung des wirtschaftlichen Niedergangs vom Zusammenbruch des Gesundheitswesens bis zur Hyperinflation und der Funktionsweise der politischen Unterdrückung im impliziten Eingeständnis Barcleys, selbst keine Lösungen für die Konflikte anbieten zu können.

Sören Scholvin

Quelle: PERIPHERIE Nr. 125, 32. Jg. 2012, S. 136-137