Von melancholischer Geographie

Die Thematik
Der folgende Aufsatz ist eine geographiehistorische Studie aus Anlaß eines Textes.1 Ich versuche, diesen Text zunächst auf seine zentrale Denkfigur hin zu rekonstruieren, in einigen wesentlichen Hinsichten zu interpretieren, dann in einigen Punkten zu kritisieren und schließlich geographiegeschichtlich zu lokalisieren. 2 Für die erste Durchsicht handelt die Arbeit von Jürgen Hasse nahezu von allem, was es gibt: Sie handelt von Virtual Reality und Naturschutz, von ICE und Transrapid, von Diskotheken, Flugzeugsimulatoren und Ganzkörperanzügen; von aseptischen Freizeiträumen und kompensatorischen Gegenwelten, Citymöblierung und Cyberspace, von moderner und postmoderner Architektur, Hochhäusern, Almhütten, Bauplastik und Turmgärten, von Bankzentralen, von Computerspielen, von Natur, Naturmythen und von der Symbolik des Meeres; man findet Ausführungen über den Tourismus, das Landschaftserleben und das Erleben von Sonnenuntergängen, über Reisen und Dauercampen, Massenkonsum, Kulturindustrie, Warenästhetik und den fortgeschrittenen Kapitalismus; man wird belehrt über Identitätsbildung, Entfremdung und Emanzipation, über atmosphärische Betroffenheiten und leibliche Ekstasen. Der Text enthält Erörterungen zur Erkenntnis- und Bewußtseins- wie zur Symbol- und zur Design-Theorie, zu Theorien des Gefühls und des Erlebens, über Imagination, Ästhetik und Ethik, über den Diskurs der Moderne und den Diskurs der Postmoderne, über die Grundlagen und die fatalen Fehlentwicklungen der neuzeitlichen Wissenschaft, über die verhängnisvolle Wahrnehmungstheorie des Aristoteles, Platons Seelenlehre, Descartes' Irrtum, Kants Fehlleistungen, Nietzsches "große Vernunft", Foucaults "Sorge um sich" und Baudrillards "fatale Strategie" (z. T. in Form langer Zitate aus der Sekundärliteratur); man liest über innere und äußere Natur, über das Fremdsein in der Welt und das selbstreferentielle Wachwerden in ihr, über das Schöne und das Erhabene, über das Andere der Natur und das Fremde im Ich, über kulturelle Identität und die Kultur der Renaissance, über das Erleben des Fremden und die transkulturelle Erfahrung - und noch vieles, vieles mehr, vor allem über Leib und Leiblichkeit. Kurz, alle Gegenstände und Stichworte eines etwas prätentiösen Feuilletons sind präsent, präsentieren sich aber in einer sehr unfeuilletonistischen Diktion: Vor allem ganz und gar unironisch und unspielerisch sowie von einem teils tiefen, teils gestelzten professoralen Ernst getragen. Dem Autor geht es auch weithin nicht eigentlich um diese Gegenstände - alles, was er zu ihnen sagt, dürfte schon jedem Leser der Tagespresse und ihrer gehobenen Feuilletons bekannt sein. Aber worum geht es ihm?
Die enzyklopädisch schweifende Thematik ist an der Oberfläche locker nach "medialen Räumen" gegliedert; die etwas kryptischen Kapitelüberschriften reichen von "Ding-Räumen", "Bewegungs-Räumen" und "Schein-Räumen" über "Flucht"- und "Reise-Räume" bis "Natur"- und "Spiel-Räume". Was der Autor "mediale Räume" nennt, wird einerseits umgangssprachlich umschrieben (z. B. immer wieder als Räume, insofern sie "Eindrücke", "Empfindungen" und "Gefühle" hervorrufen), dann aber auch diffus-metaphorisch, z. B. als "imaginäre Grenzsäume" oder "imaginäre Schnittstellen im Mensch-Umwelt-Verhältnis" - oder als Gebilde, die sich "zwischen Betrachter und reeller [!] Welt als immaterielle Form einer realen [!] Welt aufspannen." Das klingt, wenn auch unklar, nach Wahrnehmungsgeographie und ihren perceived environments, und darauf weist ja auch der Reihentitel "Wahrnehmungsgeographische Studien" hin. Dann wundert man sich aber, warum die über 200 Jahre verteilte geographische Literatur zu diesem Thema, welches Hasse "mediale Räume" nennt, keines Wortes gewürdigt wird, obwohl diese Tradition (seit dem 19. Jahrhundert!) immerhin nicht nur einige literarisch bemerkenswerte Texte, sondern auch Theorien, Lehrbücher gar, produziert hat, die sich mit der Entstehung und methodischen Beschreibung solcher "medialen Räume" sensu Hasse beschäftigen - z. B. mit "Landschaft" als dem geographischen Prototyp eines solchen "medialen Raumes". Das hat aber seinen Grund vielleicht weniger in geographiehistorischer Vergeßlichkeit, sondern eher darin, daß Hasse ein dort von vornherein nicht anschlußfähiges Programm verfolgt. Welches?

Das Beschreibungsschema
Jeder mediale Raum wird nach dem gleichen vorausgesetzten und voraussetzungsvollen Schema bearbeitet, das ich vorgreifend das melancholische (Beschreibungs)Schema nenne: Auf eine (fast) hoffnungslos negative Diagnose, die schon im Beschreibungsvokabular unausweichlich angelegt ist, folgt eine dunstige utopische Aussicht, die der Autor als "subversiv" versteht.3
Welche medialen Räume Hasse sich auch vornimmt: Das synonymenreich entfaltete Vokabular seiner Diagnose kehrt überall wieder und würde auch ohne Quellenangabe für ständige Déjà-entendu-Erlebnisse sorgen. Überall betritt man Räume der "Natur"- und "Leibvergessenheit", der "Dissuasion" und der "radikalen Verführung", der "gesellschaftlich organisierten Entfremdung" und "Selbstentfremdung", eine Welt der "Lüge", des "zynischen Scheins" und "zynischen Tauschs"; eine ganz auf "systematische Funktionalität" getrimmte Welt der "lückenlosen" und "ubiquitären systemischen Kolonisierungen", wo, in den "verfallenden und zerbrechenden Stätten des gesellschaftlichen Lebens" (die heute aber zynischerweise dennoch in "nie geahntem Glanz erscheinen"), "implodierte" "Miniaturegos" "menschlich fraktalisierter" Individuen mit "kolonisierter Gefühlswelt" hausen, die "zivilisationsgeschichtlich" in allen wesentlichen Punkten (Leib, Sinnlichkeit, Gefühl, Natur ...) "zu Analphabeten geworden" und gerade als solche hilflos der herrschenden "totalen Erfassung" und "totalen Verschaltung", dem "Druck vergesellschaftender Kolonisierungen der Kulturindustrie", ihrer rasenden Vermehrung des "Beliebigen, Unverbindlichen und Beziehungslosen" sowie "einer zynisch-sanften Radikalisierung der Verschaltung in die Programme eines weltweit integrierten Kapitalismus" ausgesetzt sind. Kurz, wir leben in einer "fiktionalisierten Welt" der "Illusionen", der "Klischees", der "Betäubung", der "Selbstanästhesie" und der "zynischen Ideologie" (ja der "fast schon reell gewordenen Ideologien"), einer Welt der "ubiquitären Täuschung" voll von "Bildern des (bloß) vorgegaukelten guten Lebens" und der "scheinhaften", "kurzlebigen glückverheißenden Entsublimierungen" ohne wahres Glück, wo "entgrenzte Lust" das reale "Leiden" zu "kompensieren" versucht, wo in "kollabierenden Erlebnisspektakeln" und "permanent reproduzierten schalen Erlebnissen" trotz "Erlebniseuphorie" und ständiger kulturindustrieller "Aufsüßung des Leidens" letztlich doch ein "zehrendes Gefühl des Mangels" herrscht: Denn all dieses "lustvolle Taumeln im schönen Schein der Simulakren", das ist, dem gemeinen Auge gemeinhin verborgen, vor allem ein "lustvoller Taumel zum Zwecke der Selbstentfremdung". Deshalb: Kein Ort, nirgends; da "gibt es keine Wirklichkeit, die ein Leben ohne das Unerträgliche garantieren könnte"4 . Kurz, so möcht' kein Hund mehr länger leben. Dabei sind die "medialen Räume" nicht nur Ausdruck dieses Elends, sondern arbeiten immerfort und maßgeblich an dieser Verelendung mit.
Aber in diesem deprimierend ubiquitären Falschen liegt immer, wie verborgen auch immer, die "Möglichkeit" einer "emanzipatorischen Chance", zwar nicht geradezu eine Hoffnung, aber doch immerhin noch "der Rest [!] einer Hoffnung" in Form einer ganz unbestimmten "Sehnsucht nach einem Anderen"; diese "Sehnsucht" "erwacht", wenn in "transzendierender", zumal "ästhetischer Erfahrung", "schockartig" oder "schreckhaft" eine "Utopie gelingenden Lebens" aufscheint. - Dieses alte Schema aus Apokalypse und Kairos ist dann bereits die ganze Botschaft, und Hasse spielt sie in allen seinen medialen Räumen aufs neue durch.
Die deprimierende Zeitdiagnose wird, ebenso wie das Schema insgesamt, vom Autor vorausgesetzt, jedenfalls nie reflektiert oder gar diskutant mit alternativen Panoramen der modernen Welt konfrontiert; das Schema wird lediglich mit Zitaten untermalt und locker illustriert, aber mittels Illustrationen, die ihrerseits die Gültigkeit des Schemas schon voraussetzen. Die Herkunft des Schemas allerdings dürfte im Grundzug jedermann bekannt sein: Es handelt sich um eine idiosynkratische Variante dessen, was von der Popularisierung der in den 60er Jahren populär gewordenen kritischen Theorie um 2000 noch übriggeblieben ist. Gerade wenn die kritische Theorie in solchen Reduktionsformen auftritt, wird mancher das Vorurteil bestätigt finden, es handle sich tatsächlich um ein "dürres Unterfangen vorwiegend normativen Gehalts" (N. Luhmann).
Das Schema hat einige Implikationen. Zum Beispiel: Im Hinblick auf Transzendenz und sub specie emancipationis wird alles "ambivalent"; alles kann uns immer wieder in der Entfremdung festnageln oder aber, unwahrscheinlich-plötzlich, den emanzipatorischen "Funken" springen lassen. Zwar werden die "medialen Räume" zum Zweck der "Verführung", "Entfremdung" und "Ruhigstellung" um uns herum aufgebaut, und im allgemeinen verrichten sie auch ihr schlimmes Werk fast lückenlos. Aber in dieser Lage kann uns auch "Schreck" in die Glieder fahren: nämlich als "Erleben der eigenen Blindheit" gegenüber all diesen Verführungs-, Entfremdungs- und Ruhigstellungskünsten in den "medialen Räumen" des "fortgeschrittenen Kapitalismus". Der "schreckhafte" "utopische Moment", das ist (um Hasses oft gewunden-diffuse Erörterungen auf den Punkt zu bringen): Das Befremden vor der eigenen Entfremdung. Der Quell dieser "Ent-Täuschung" ist für Hasse letztlich immer der Leib, genauer: "das Wachwerden des Leibes, das [!] im Schreck oder Stutzen zu sich kommt" (z. B. S. 190). Aber wo immer "die Enttäuschung von der Ubiquität der Täuschung" (S. 191) beginnt, sie endet doch mit definitiver Unbestimmtheit, z. B. "als Sehnsucht nach einem Anderen" (wie es in den letzten Worten des Buches, S. 191, emphatisch formuliert wird).
Im Rahmen dieses Schemas kann und darf die im Schock aufblitzende "Utopie gelingenden Lebens" und der "Befreiung zur Mündigkeit" in der Tat nie inhaltlich projiziert werden, jedenfalls nicht über das beschriebene schreckhafte‚ eigene Befremden an der eigenen Entfremdung hinaus. Jede Präzisierung/Explizierung einer "transzendierenden" Utopie gelingenden Lebens macht ja wieder die vorausgesetzte Ambivalenz aller Verhältnisse, also auch der Utopie, sichtbar; die einmal formulierte Utopie kann - in einer Welt, in der nach Hasse "Kulturindustrie und Warenästhetik" die Unterscheidung real/irreal oder echt/unecht längst unanwendbar gemacht haben - immer selbst wieder als systemfunktionaler Bluff entlarvt werden, also als Teil dessen, was eigentlich transzendiert werden soll. Im Banne des universalen Verhängnisses (der "ubiquitären Täuschung" Hasses) ist eben alles Unmittelbare immer schon vermittelt, alle Transzendenz immer schon immanentisiert, und das von Hasse so ersehnte "Unverfügbare, das sich jeder Aneignung entzieht", muß sich auch Hasse entziehen, es sei denn, er halte unplausiblerweise sich selber für den Ort der Transzendenz und Unverfügbarkeit. Wer dieser Selbstanwendung und Konsequenz des Schemas ausweichen will, wird zum Wahrsager. Die Unmöglichkeit jeder Konkretisierung wird auch von Hasse immer wieder betont.5
Hasse hält sich denn auch einigermaßen bedeckt (selbst an den vielen Stellen, wo er den "eigenen Leib der Sinne" als Ort des "Funkensprungs" beschwört, wird er geschmackvollerweise nicht konkreter). Zuweilen läßt er sich aber dann doch, wenn auch nur ansatzweise, zur Konkretisierung hinreißen: zum Beispiel, wo er sein Schema am Thema "Reise-Räume" durchdekliniert. Die Transzendenzerfahrung des Reisenden wird hier (in typischer Hasse-Prosa) wie folgt beschrieben:
"Ich setze auf den erfahrungskatalytischen Effekt des Stutzens und des Erschreckens, mithin auf die situative Aufhebung vorgängiger Orientierungsrituale in Momenten des Plötzlichen. Der Schreck, in minderer Form das Stutzen, bahnt sich auf Reisen immer dann an, wenn die alltägliche Orientierung im Strom des Immer-so-weiter an ihre Grenzen stößt. Es können schon exotische Nahrungsmittel sein, die die Routinen des Alltäglichen zum Platzen bringen. Das Stutzen als Form elementar-leiblichen Betroffenseins vermittelt sich als Gefühl, in dem die bis dahin übersichtliche Orientierung verloren geht. Was noch eben in den verschiedenen Dimensionen entfaltet war, ist - im Moment des Plötzlichen - zusammengezogen. Der Schreck wie das Stutzen haben eine einschmelzende Wirkung auf die Orientierung. Im Plötzlichen zuckt das ‚jetzt' als zeitliche Gegenwart auf. Das Plötzliche macht betroffen ‚in dem Sinn, daß jemand engagiert, aufgerufen, auf sich selbst hingewiesen wird' (vgl. Schmitz 1994, S. 98). Das eintretende Neue zerreißt die gleitende Dauer und zwingt in eine Phase der
Prüfung dessen (vgl. Schmitz 1994, S. 99), was da zur Erscheinung kam." (Hasse 1997, S. 142 f.; Kursivsetzung von G. H.; zwei Fußnoten sind weggelassen.)
So geht es dann seitenlang weiter. Man versteht ja irgendwie, welche psychologische Trivialität gemeint ist - aber auch: Welch ein redundantes und gestelztes Worttheater um eine Dim Sum oder eine Diarrhöe herum! Was Hasse am "exotischen Nahrungsmittel" zeigen will (seinen utopisierenden "Schreck" in leiblich-sinnlicher Betroffenheit, der seine Klimax dann in der "Sehnsucht nach einem Anderen" findet), das verschwindet hier wie so oft nicht ohne eine gewisse Komik im schwarzen Loch der Abstraktionen. Die Komik kommt dann aus der Fallhöhe zwischen dem "exotischen Nahrungsmittel" einerseits und seinem Kontext, vor allem aber aus der Fallhöhe aus Hasses "Transzendenz" und "Sehnsucht nach einem Anderen" zu einer Pizza.
Die Unbestimmbarkeit der transzendierenden Erfahrung wird auch nicht durch gute Ratschläge darüber aufgehoben, wie man zu dieser Erfahrung kommen kann (d. h. zu einer Erfahrung, die den "fortgeschrittenen Kapitalismus", die "primär systemische Erzeugung von Sinn" und die "zivilisationsgeschichtlichen Verluste" der Neuzeit transzendiert). Hasse bietet aus vielen Quellen vieles an. Unter anderem habe ich notiert:
Ganzheitliches Erleben, Wachwerden des leiblichen Fühlens, Leibbewußtsein, Wiederentdeckung der Sprache des eigenen Leibes, leibliche Betroffenheit, ganzheitliches Erleben, Wahrnehmung des schwindenden Leibes, Sinnenbewußtsein, Stärkung der Sinnlichkeit, leibliche Kommunikation, Erinnern des eigenen Leibes der Sinne, Eintauchen in den Strom des Er-Lebens ... , Aufspüren der eigenen Natur, Bewußtwerden der eigenen Naturhaftigkeit, Annäherung an das eigene Befinden als Naturwesen, Naturhermeneutik, Mimesis ..., Selbsterkenntnis, (Selbst)Reflexion, Selbstreferenz und selbstreferentielles Wachwerden, Aufspüren des Fremden im Ich, Begegnungen mit dem Fremden im Eigenen, Identitätsarbeit, biographische Erinnerung, Erträumen von Gegenrealitäten, ästhetisches Vernehmen, ästhetische Rationalität, Zulassen der Gefühle, Affektlogik, Aufhebung der Polarisierung von Fühlen und Denken, Imagination, Einbildungskraft aufgrund des Wachwerdens des Leibes, Haltung der Verlangsamung und Schonung, Erfahrung von Transzendenz, idiosynkratisches Schaudern, Ethik, die Kräfte der Vernunft koordinieren ...6
Auch diese Ratschläge für eine emanzipationsorientierte Raumwahrnehmung sind aber sichtlich zu unspezifisch, um die Hassesche Transzendenz konkretisieren zu können; fast alle sind so unspezifisch, daß sie z. B. ziemlich genau dem entsprechen, was heute schon die übliche Lebenshilfeliteratur anbietet, unter anderem zur Bewältigung der männlichen midlife crisis.
Ein weiteres Handicap dieser stark unterbestimmten Ratschläge für eine "emanzipationsorientierte" Raumwahrnehmung: Diese Didaktik der Ent-Entfremdung "vom eigenen Fremdsein in der Welt" läßt auch den Adressaten dieser Ratschläge unbestimmt. Aus dem Kontext kann man am ehesten erahnen: Die Menschheit, der Mensch, die Gesellschaft, die Neuzeit ...7 Diese Adressaten (und wer alles sich sonst noch als Ansprechpartner vermuten läßt) dürften für gutes Zureden zumal dieses Abstraktionsgrades aber schwerlich erreichbar sein. Die genaueste Adresse, die ich gefunden habe, war das anbiedernd-eingemeindende "Wir". Dieser anonyme Adressenraum ist ebenfalls eine Folge der beschriebenen Leerstelle im "melancholischen Schema".
Das Schema hat also eine theoriestrukturell bedingte Leerstelle, die der Autor zwar gelegentlich explizit konstatiert, aber auch verunklärt.8 Solche Leerstellen üben begreiflicherweise einen beträchtlichen Sog aus, auch in Hasses Arbeit selber. Im Vorwort (und dann immer wieder) kündigt der Autor eine Synthese aus Kieler Leibphänomenologie und kritischer Gesellschaftstheorie an und macht den Leser immer wieder darauf gespannt, wie es ihm gelingen wird, so unterschiedliche Sprachwelten zu verknüpfen. Am Ende der Lektüre stellt man dann fest, daß die einzige Verbindung darin besteht, daß Hasse mit wechselnder Deutlichkeit versucht, die Leiblichkeit der Leibphänomenologie von H. Schmitz auf der Leerstelle des Schemas zu plazieren. Der Leib (und was so dazugehört) drängt an die Stelle, die im kritisch-"theoretischen" Schema für Transzendenz (oder als Sprungbrett zur Transzendenz hin) vorgesehen ist.
Wo immer Hasse etwas deutlicher wird, bemerkt man rasch, daß die Hybridisierung der beiden Provenienzen mißlingt. Diese Leiblichkeit und ihr semantischer Hof kann aus der Logik des Schemas heraus keine empirische Leiblichkeit meinen (weder den menschlichen Körper der Naturwissenschaften, noch den empirischen Menschenleib der Alltagspraxen, noch den kulturell-gesellschaftlich konstituierten Leib der Kulturwissenschaften, noch den Leib des Leibphänomenologen); dieser Leib muß, damit er die im Schema für ihn vorgesehene transzendierende und utopisierende, die "ubiquitäre Täuschung" "durchbrechende" Rolle spielen kann, ein tranzendent-transzendierender, utopisch-utopisierender Leib, sozusagen ein bereits mindestens teilweise verklärter vielleicht astraler Leib sein, der nicht, zumindest nicht ganz, von dieser Welt sein darf. Überall, wo Hasse in diesem Punkt überhaupt etwas deutlicher wird, gibt es keine andere Möglichkeit der Interpretation. Auf diesen zentralen Punkt komme ich zurück.
Es steht zu vermuten, daß dieser positivierte und normativierte Leib (und seine semantische Aura von Sinnlichkeit, Gefühl, Ästhetik etc.) auf die Dauer doch als etwas zu schwach erscheinen wird, um die Last des Schemas zu tragen, zumal dann, wenn der Zeitgeist, der diesen "Leib" ohnehin schon etwas vernachlässigt, sich weiter von ihm abwenden wird. Man darf vermuten, daß dann bald etwas anderes nachrücken wird, und auf Grund der schon jetzt bemerkbaren natur- und leibreligiösen Stimmungsmomente in Hasses Arbeiten darf man weiterhin vermuten, daß es etwas noch stärker Esoterisches, gar etwas Heiliges sein könnte.
"Ein melancholisches Projekt"
Das beschriebene Schema, von dem die vorliegende Arbeit im großen wie im einzelnen strukturiert wird, kann man kaum als eine Theorie bezeichnen. Was ihm zugrundeliegt, charakterisiert man wohl am besten als eine Gestimmtheit oder Grundstimmung, die alle Gegenstände und Beschreibungen des Autors von vornherein einfärbt und - als eine Art Genotext - auch das beschriebene Schema trägt.9
Der Autor selber schärft es uns vom ersten bis letzten Kapitel immer wieder ein: Sein ganzes Vorhaben sei "letztlich ein melancholisches Projekt" (S. 18 u. ö., Hervorhebung von G. H.). Begründung folgt hier und anderswo auf der Stelle: "Denn wer wollte schon allen Ernstes gegen die Macht der Verhältnisse, die in der Verschaltung der Individuen nahezu jede Grenze der Achtsamkeit eingerissen haben, nur andenken!" - geschweige denn angehen (ebd., Hervorhebungen von G. H.).10 Wo dergestalt schon das bloße Gegendie-Verhältnisse-Andenken-können vom Scheitern bedroht ist, da steht der Held des melancholischen Projekts wahrlich wie auf verlorenem Posten. So verwandelt sich das Schema nun auch explizit in ein melancholisches Schema, und bei konsequenter Ausführung verwandelt dieses melancholische Schema seinen Autor in eine Art Hungerleider nach dem Unerreichbaren, in einen Prototyp des unglücklichen Bewußtseins, das sehnsüchtig gern eine schöne Seele besäße (Hegel, Phänomenologie des Geistes IV.B. und VI.B.III.C.c.), oder, salopp modernisierend gesagt, in einen Philosophen des melancholischen Gutmenschentums.
Wie also ist nach Hasse die Lage? Zum Verzweifeln; aber, wie er hinzufügt: "nicht ohne den Rest einer Hoffnung, dem beschleunigten Fremdwerden im Eigenen (zumindest für kurze Zeit) entkommen [!] zu können." (S. 18). Wie das? Durch "ästhetisch-subversive Dekodierung". Wie ist dieses möglich in einer Welt "ubiquitärer Täuschung"? Indem sich dieser [melancholische] Diskurs "jenseits [!] jeden [!] Wirkungsanspruchs stellt, schält er sich aus dem Geltungsanspruch herrschender Ordnung heraus" (ebd.). Da haben wir wieder diesen "Rest einer Hoffnung" auf einen undefinierten und undefinierbaren "Blick", "Diskurs" und "utopischen Widerstand" von einem unbestimmten Jenseits der "Gesellschaft", der "herrschenden Ordnung" und der "geltenden Diskurse" her.11 Über die Methode der "ästhetisch-subversiven Kodierung" im "melancholischen Projekt" erfahren wir schließlich nur: Es ist die "Melancholie als ‚böser Blick' (H. Böhme)", der "seine zentralen Orte an den verfallenden und zerbrechenden Stätten des gesellschaftlichen Lebens findet - mögen sie auch in nie geahntem Glanze erscheinen". Damit ist der Melancholie-Zirkel geschlossen.
So schleudert der Autor, "pendelnd zwischen Melancholie und Utopie", der modernen Welt im allgemeinen (und den "extravaganten und dekadenten Konsumtempeln unserer luxurierenden Metropolen" sowie den "hedonistischen Strukturen" ihres "süffigen Lebens") immer wieder die vernichtenden Diagnosen des bösen melancholischen Blicks entgegen, in denen aber immer doch noch ein Fünkchen Hoffnung auf ein "subversives Schlupfloch ins Andere", d. h. ins Jenseits der Gesellschaft, glimmt:
"So mag man - pendelnd zwischen Melancholie und Utopie - selbst in den ekstatischen Horten der Dekadenz noch ein subversives Schlupfloch zum Anderen des ekstatischen Konsums erhoffen, hin zu einer Haltung der Verlangsamung und Schonung aus dem idiosynkratischen Schaudern angesichts einer entgrenzten Sinnlosigkeit durch Trivialisierung des Möglichen in der Vermehrung der Gelegenheiten"(S. 71).
Solche apokalyptischen, mit unbestimmten messianischen Andeutungen gespickten Textpassagen, anders gesagt, dieser hohe, etwas schwülstige und oft wie mit schmerzlich verzogenem Mund gesprochene Ton - das ist in Hasses Texten keine Ausnahme, sondern eher die stilistische Normalität.
Bei der Interpretation der Melancholie-Topos in Hasses Text kann es natürlich nicht um einen psychischen Status gehen. Das würde man heute auch kaum noch "Melancholie" nennen. "Melancholie" als Stichwort findet man ja nicht mehr im Pschyrembel (dort stößt man stattdessen auf das Stichwort "Depression"); sehr wohl dagegen findet man "Melancholie" z. B. im "Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens", im "Historischen Wörterbuch der Philosophie" sowie in allen guten Handbüchern der Ikonographie und der "Motive der Weltliteratur". Es kann hier also nur um literarisch kommunizierte Melancholie und Melancholie-Kommunikation gehen, um Melancholie-Inszenierung und Selbstkodierung des Autors Hasse mittels "Melancholie".
Es kann Hasse unmöglich unbekannt sein, daß der Anspruch auf Melancholie (und auf melancholische Erkenntnis durch einen "bösen", d. h. den schönen Schein durchdringenden Blick) in der literarischen Tradition seit der Antike mit dem Anspruch verbunden ist, ein Ausnahmemensch zu sein. Er legt sich da eine sehr anspruchsvolle literarische Draperie zu; solche Draperien sind in der wissenschaftlichen Literatur sonst aus der Mode gekommen.12 Seit der florentinischen Renaissance gilt die Melancholie, anknüpfend an eine nie ganz abgerissene antike Tradition, als die Voraussetzung eines jeden bedeutenden, eigensinnigen bis aufsässigen, sensiblen, tieffühlenden, groß denkenden und besonders fürs Gefühl des Erhabenen [!] begabten Mannes, zumal des Gelehrten, Philosophen, Künstlers, Poeten, ja aller wissenschaftlichen und ästhetischen Helden bis hin zum modernen Kulturintellektuellen. Kurz, seit dem 15./16. Jahrhundert "ist kaum noch ein großer Mann mehr anzutreffen, der, wenn er auch wirklich kein Melancholiker war, nicht wenigstens vor sich oder vor anderen dafür gegolten hätte" (Panofsky und Saxl 1923, S. 31; zum Folgenden auch Klibansky, Panofsky und Saxl 1992). Spätestens im 17. Jahrhundert tritt auch Gesellschaftskritik im Gewande der Melancholie auf - hat doch der Melancholiker einen besonders unbestechlichen Blick für die Krankheit zum Tode, in der die Welt liegt. In eben dieser Tradition zeichnete noch Walter Benjamin (wohl im Rückgriff auf Panofsky und Saxl) nicht nur den barocken Fürsten und Höfling als Melancholiker; er projizierte die alte Theorie auch auf sich selber - bis in die Körperhaltung hinein (zu dieser Selbstkodierung Benjamins als melancholisches Saturnkind vgl. z. B. Sontag 1981). Andererseits spottete Flaubert schon 1861 in seinem Dictionnaire des idées reçues (sinngemäß etwa: Lexikon der in der Bourgeoisie verbreiteten dümmlichen Redensarten): "Mélancolie: Signe de distinction du coeur et de l'élévation de l'esprit". Kurz, Melancholie distinguiert. Damit sind wir nicht nur bei Bourdieus feinen Unterschieden und bei der sprichwörtlich gewordenen linken Melancholie, sondern auch bei Hasses melancholischer Geographie angekommen. Welch ein "lustvoller Taumel im schönen Schein der Simulakren - der fast schon reell gewordenen Ideologien" (Hasse nach Baudrillard): Die homines literati der Renaissance und des Barocks simulierten eine antike Melancholie, Benjamin simulierte die barocke Melancholie - und Hasse simuliert den Benjamin Adornos.
Wie der Träger der melancholia generosa, der homo religiosus melancholicus, im 16./17. Jahrhundert mit tiefer Melancholie und mit einem inspirierten "bösen" Blick, aber "nicht ohne den Rest einer Hoffnung", auf seine Meditations- und Vanitaslandschaften blickte (Landschaften voll von Ruinen, Todesverfallenheit und falschem Glanz), bis er unter den Vanitaszeichen schließlich auch die Heilszeichen sah: So blickt Hasse nun mit paradoxer "Hoffnung" und "Sehnsucht" auf seine "medialen Räume" des "Verfalls", des "falschen Scheins" und der "ubiquitären Täuschung".13 Auch der religiöse Melancholiker folgte vor und in seinen Meditationslandschaften schon ganz der Methode Hasse: Er suchte wie Hasse mit Eifer gerade jene medialen Räume auf, die geeignet waren, seiner Melancholie Nahrung zu geben und verfolgte wie Hasse das Programm, die dissuasive Wirkung der verführerischen Räume durch "subversive Zweitkodierung" zu "entschärfen", um so den rechten Weg (und sei es nur ein Hassesches "Schlupfloch") zu finden: der eine zu Gott und zur Rettung seiner Seele, der andere zum "gelingenden Leben", genauer gesagt: bloß noch zu einer "Utopie des gelingenden Lebens" hin. Der einzige wesentliche Unterschied liegt darin, daß Hasse in den medialen Räumen nicht mehr den Anderen, sondern das Andere - oder ein Anderes - sucht. Es ist wohl nützlich, sich zu erinnern, daß Hasses "Anderes" (dieser intentionale Gegenstand seiner "Sehnsucht" und "transzendierenden Erfahrung") sich mit genauer Funktionsäquivalenz an genau der (Transzendenz) Stelle befindet, an der im traditionellen Melancholiediskurs und noch in der Theologie des 20. Jahrhunderts der Andere steht, und zwar gleich unbenennbar wie bei Hasse das Andere. Insofern kann man sagen: So fromm, so gefühlig und so sprachlos war die Geographie noch nie.14
Kurz, die "Melancholie" Hasses vor den "medialen Räumen" kommt von weit her, und durch solche literarische Verweise wird, denke ich, hinreichend klargestellt, daß es sich bei der "Melancholie" und dem melancholischen Schema eines geographischen Autors - zumindest primär - nicht um Wehleidigkeit oder agitierte Depression handelt, sondern um eine literarische Rollennahme in einer wohlbekannten literarisch-künstlerischen, heute eher trivialliterarisch gewordenen Tradition. Anders gesagt: Es handelt sich primär nicht um Melancholie als psychisches Phänomen, sondern um Melancholie als symbolisches Kapital.
Glücklicherweise wird meine Hasse-Interpretation auch durch Selbstkodierungen des Autors bestätigt. In seiner Arbeit von 1993 über "Ästhetische Rationalität und Geographie" z. B. erscheint ebenfalls das beschriebene melancholische Schema, und auf dem Umschlag findet man dazu (kommentarlos!) eine der berühmtesten Ikonen der Melancholie: Caspar David Friedrichs "Klosterfriedhof im Schnee". Die heute gängigen Dechiffrierungen des Bildes findet man z. B. bei Jensen 1999 (S. 89 ff.): Das Bild evoziert eine Verlust- und Verfallsgeschichte, aber in dem erhaben-melancholischen Trümmer- und Ruinenfeld (Hasse: in den "verfallenden und zerbrechenden Stätten des gesellschaftlichen Lebens") soll doch auch "ein unendlich feiner Hoffnungston" (Wolfradt 1924, S. 26; C. D. Friedrich: "ein anderes Verlangen") spürbar werden. Eben das ist auch die Atmosphäre des melancholischen Schemas, mit dem Hasse (mit Berufung auf H. Böhme, Benjamin und Adorno) alle seine medialen Räume traktiert.
Die moderne Variante der melancholia generosa ist, wie zu erwarten, autopoietischselbstreferentiell: Die Melancholie therapiert sich selbst - durch Vollzug der Melancholie. Das geschieht z. B. im Melancholiegedicht (das es als Trivial- und als Hochliteratur gibt; zwei berühmte hochliterarische Beispiele: Keats' Ode on Melancholy und Benns Melancholie). 15 Die Melancholie ist eine strenge Muse, aber sie gewährt dem Mann auch die Therapie: Kunst, überhaupt ästhetische Erfahrung. Der Melancholiker spricht aus, von und gegen (seine) Melancholie, und wenn sein Werk glückt, spricht er sich dabei auch gesund. Das Melancholiegedicht inszenierte sich dergestalt selbst als ein "letztlich melancholisches Projekt" selbsttherapeutischer Melancholiebehandlung vor Vanitassymbolen, und eben dies ist das Grundmotiv von Hasses melancholischer Geographie. Jörg Becker hat das (1996, S. 130 u. ö., 1997, S. 19) auch schon ohne die von mir aufgebotenen Kontexte genau so
gesehen: Diese Art von Geographie und "ästhetischer Erkenntnis" habe am ehesten noch Sinn als eine Art (selbst)psychotherapeutischer Praxis.
Der Anschluß an die beschriebene Melancholie-Tradition ist heute nicht ohne Risiko. Weil sie nach Herkunft und Anspruch allzu bekannt ist, wird man den zugehörigen Melancholiediskurs (der nach Forster 1995 auch heute noch "nahezu ausschließlich von Männern geführt wird") in Literatur von Rang kaum mehr finden, am ehesten noch in gebrochenen, parodistischen oder ironisierenden Formen und vor allem als Dekonstruktion oder Entlarvung dieser verdrehten "männlichen Leidensgeschichten", die immer voller Täuschung und Selbstäuschung seien:
"Tatsächlich ist der Melancholiker nicht, wie er sich selbst gerne sieht, der große Einsame, der sich von der ‚beschmutzten' Macht fernhält und [dadurch] die Unbestechlichkeit seines Geistes beweist. Er ist vielmehr der, der auf die Macht schielt, mit ihr sympathisiert und sich nichts sehnlicher - und vergeblich - wünscht, als die aufgebrochene Kluft zwischen ihm, dem Mann, und dem Patriarchat wieder geschlossen zu sehen. [...] Melancholische Verlustgeschichten sind Männergeschichten, in denen die Verluste mit aller Virtuosität und Erhabenheit aktiv erlitten und mit den Stilmitteln der Rhetorik beschrieben werden, [und] aus denen die Verlierer selbst noch als Gewinner hervorgehen." (Forster, E. J. 1995, S. 71 f.) In einen Verdacht dieser Art gerät im allgemeinen nur, was auch inhaltlich bereits als erledigt gilt.16
Methode? Theorie?
Hasses Methode besteht darin, das beschriebene "melancholische Schema" bei jedem seiner medialen Räume wiederkehren zu lassen, dabei alle möglichen Autoren zu referieren oder bloß zu zitieren, die irgendwie dazu zu passen scheinen, und diese Zitate werden dann als Verifikationen des melancholischen Schemas betrachtet, sowohl im Ganzen wie im Detail. Dieses Vorgehen könnte man "Verifikation durch Zitate" nennen. Wo immer man ein Argument erwartet, erscheint ziemlich regelmäßig ein Zitat (oder auch bloß ein Autorenname).
So zappt sich der Autor immerfort durch zahlreiche Berufungsinstanzen hindurch (große Autoren und poetae minores), und obwohl diese insgesamt auch von einer etwas einseitigen geistigen Diät zeugen, sind sie doch auch untereinander bis zur Unvergleichbarkeit verschieden. Theodor W. Adorno und Friedrich Nietzsche, Hermann Schmitz und Herbert Marcuse, Norbert Elias und Michel Foucault, Pierre Bourdieu und Jean Baudrillard, Ernst Cassirer und Alfred Lorenzer, Jürgen Habermas, Peter Sloterdijk und Félix Guattari, Wolfgang Welsch und Klaus Holzkamp, Dietmar Kamper und Erich Fromm, Odo Marquard und Gernot Böhme, Giacomo Leopardi und Klaus Michael Meyer-Abich finden sich gleichermaßen aufgerufen, die Botschaft des "melancholischen Schemas" im Ganzen wie im Einzelnen zu verifizieren. So stoßen beim name-, conceptund citation-dropping auf Schritt und Tritt Sprachwelten aufeinander und werden behandelt, als seien sie weitgehend miteinander kompatibel (und das von einem Autor, der so gerne und zuweilen auf der gleichen Seite von der irreduziblen Pluralität einander fremder Sprachen spricht), z. B. Leibphänomenologie, populäre Kapitalismuskritik und die Theorie des Erhabenen. Oft begegnen mindestens zwei von ihnen im gleichen Satz, z. B.: "Die Artefakte einer ästhetisch gewordenen Ökonomie symbolisieren eine fortgeschrittene Phase des Kapitalismus; sie bezeugen in einer exzessiven Selbstinszenierung die ökonomische ‚Erhabenheit' des Kapitalismus (Böhme, G. 1995)" (Hasse, S. 42). Knapp daneben taucht der Autor aber auch in Sprachspiele folgender Art ein: "Die Atmosphäre, über die man sich im kontemplativen Blick in die Landschaft aus-leibt, steht polar jener Atmosphäre gegenüber, die sich im Augenblick höchsten Schrecks als Einleibung dartut" (S. 58). Hasse bringt es fertig, seine Bezugsautoren so zu zitieren, daß es scheint, als zögen sogar Nietzsche und Gernot Böhme nicht nur am selben Strick, sondern meinten auch im wesentlichen dasselbe - nämlich das, was Hasse meint.
So wie Hasse Leibphänomenologie und kritische Theorie zu unbestimmter Verschmelzung bringt, so verschmelzt er auch alle seine Bezugsautoren untereinander und mit seinem melancholischen Schema. Man kann das diffuse Theorieverschleifung im Medium einer Stimmung nennen; solche Theorieverschleifungen sind wir aus den Oldenburger "Wahrnehmungsgeographischen Studien" seit einiger Zeit gewöhnt; sie scheinen dort nach den Beobachtungen von J. Becker (1990) schon seit langem systematisch betrieben zu werden. Die stetige Nivellierung und Einleibung des Heterogenen führt erstens dazu, daß das Gemeinte zwar immer wieder redundant umschrieben, aber selten auf einen diskussionsfähigen Punkt gebracht wird, und zweitens führt es zu einem nicht-diskutanten, nahezu kontroversenlosen Denkstil (von Marginalien einmal abgesehen); gegenläufige Denkmöglichkeiten oder gar Alternativhypothesen werden so gut wie nie ernsthaft in Rechnung gestellt, geschweige denn begrifflich entwickelt, geschärft und als wirkliche Herausforderungen begriffen, die abgearbeitet werden müßten. So hören wir bei Hasse immer wieder den gleichen, hervorragend aufs melancholische Schema abgestimmten kulturkritischen Gassenhauer von der Neuzeit als einer Geschichte fortschreitender Natur- und Leibvergessenheit, Gefühlsverdrängung, Sinnen- und Sinnlichkeitsreduktion; die bekannten und naheliegenden Kritikmöglichkeiten werden nicht einmal angedeutet (vgl. z. B. Starobinski 1987, Duerr 1988-99).
Im Rahmen des beschriebenen Vorgehens kreist der gesamte Text dann um ein paar Dutzend meist mit emphatischer Wertung gebrauchter Wörter, die man fast alle, ohne ihnen zu nahe zu treten, als zeitgeistige Mana-Wörter mit starker psychischer Resonanz bezeichnen kann; z. B.: Leib, Natur, Medium/medial, Raum, Gefühl, Sinnlichkeit, Einbildungskraft/Imagination, Transversalität, Sehnsucht, Schreck, Begehren, Selbst, Selbstentfremdung, Selbstreferenz, Selbsterkenntnis, Erinnerung; Atmosphäre, Betroffenheit, Ergriffenheit, Mimesis, Einleibung, Ausleibung; Gesellschaft, Vergesellschaftung, Kapitalismus, Ökonomie, Kulturindustrie ...; Täuschung, Schein, Ideologie, Kritik; das (ganz)Andere, das Unverfügbare und die Utopie ... Es gibt aber keinen Versuch, diesen Mana-Wörtern der Weltanschauungsliteratur, die teils den ganzen Text durchziehen, teils sternschnuppenartig aufscheinen und dann wieder verschwinden, eine gewisse theorieförmige Kohärenz zu verleihen, d. h. sie wenigstens teilweise in einen begrifflichtheoretischen Zusammenhang zu bringen, der über die Art hinausginge, wie diese Wörter schon in der gehobenen Bildungssprache assoziativ-konnotativ miteinander mal eng, mal lose verbunden sind. Man erwartet in der Geographie ja nicht gerade Theoriebautechnik Luhmannschen Stils, aber doch ein wenig mehr Explikation des Zusammenhangs solcher semantisch ausgefransten und trotzdem bedeutungsschwer auftretenden Evokationen disparatester Herkunft. Auf eine solche theoretische Durcharbeitung ist Hasses Text aber gar nicht angelegt; es gibt einfach keine durchgehende gedankliche Struktur jenseits der beschriebenen Melancholie-Kommunikation im Rahmen des "melancholischen Schemas".
Oft weiß man nicht einmal, ob Hasse einen Teil dieser und anderer Termini nicht einfach als Synonyme oder Quasi-Synonyme, sozusagen zum Zweck der rhetorischen Amplifikation seines immer wiederkehrenden einfachen Grundschemas benutzt. Es genügt natürlich nicht, zu jedem dieser Termini einen prominenten Herkunftsort zu zitieren (das tut Hasse schon bis zum Exzess), und es ist auch nicht damit getan, diese großen Wörter in einen halbwegs plausiblen Textzusammenhang zu bringen - diese Stilübung meistert jeder aufgeweckte Primaner, und schon die beliebten "Phrasendreschmaschinen" rechnen fest damit, daß diese Kompetenz heute allgemein verbreitet ist. Zumal die begrifflichen Relationen zwischen dem Wortcluster, das eher zum kritisch-theoretischen Residualschema gehört, dem Cluster, das eher der phänomenologischen Terminologie von H. Schmitz entliehen ist, und schließlich dem Wortcluster aus der philosophischen Ästhetik im weitesten Sinne, schon diese Relationen bleiben ganz undeutlich. Sie haben nur einen schwachen Berührungspunkt darin, daß Hasse die beschriebene Leerstelle des Schemas diffus mit Leib/Sinnlichkeit, Einbildungskraft und einer bestimmten Art von Ästhetik auszufüllen versucht. Man ahnt, daß für Hasse dabei z. B. Schmitz' "Einleibung/Ausleibung" ungefähr dieselbe Systemstelle anvisiert, wie sie Adornos "Mimesis" einnahm, aber obwohl Hasse über beides einiges zitiert, wird auch in dieser Hinsicht bei ihm nichts recht klar.
Phänomenologie?
Schon im ersten Satz des Buches und dann immer wieder wird ein phänomenologisches (speziell leibphänomenologisches) Vorgehen versprochen. Angesichts dieses Programms macht man dann bei der Lektüre der Arbeit erstaunliche Beobachtungen.
Erstens: Die gesamte geographische Phänomenologie, die vor allem im angelsächsischen, aber auch im französischen Sprachbereich seit mindestens vier Jahrzehnten eine große Rolle spielt und eine riesige Literatur hervorgebracht hat, scheint für Hasse einfach nicht zu existieren, obwohl dort gerade auch leibphänomenologische Aspekte eine große Rolle spielen. Bei der Lektüre bemerkt man dann aber zweitens, und das ist wichtiger, daß der Autor nicht etwa Phänomenologie betreibt, sondern bloß Phänomenologie zitiert; er arbeitet nicht und nirgends phänomenologisch, sondern referiert unter vielen anderen Autoren auch einen Phänomenologen. Drittens (und das ist am wichtigsten) scheint Hasse eigenartige Vorstellungen davon zu haben, was eine phänomenologische Methode, die diesen Namen verdient, eigentlich erlaubt.
Schon in den ersten Zeilen des Vorworts teilt er mit, für seine Beschreibung medialer Räume habe er als "theoretischen Ausgangspunkt [...] die Leibphänomenologie von Hermann Schmitz" gewählt (S. 7). Tatsächlich greift Hasse einige Begriffe von Schmitz auf und behandelt sie als fundamentale Wirklichkeitsstrukturen. Nun gibt es, bei allen Unterschieden in dem, was man "phänomenologische Methode" nennt, kaum etwas, was weniger phänomenologisch wäre als ein solches Vorgehen: Die Phänomene und Phänomenstrukturen, die ein (ein!) anderer Phänomenologe in phänomenologischer Einstellung als ein ihm unzweifelhaft so Gegebenes aufgefunden und beschrieben hat, dergestalt umweglos in die Wirklichkeit plumpsen zu lassen, sie mit objektsprachlicher Empirie und Theorie normaler Realwissenschaften zu verwechseln und sie der Geographie als eine Art Fundamentalontologie und sogar als Normen richtigen Erlebens und Erkennens zu empfehlen.17
Im ganzen Text von Hasse habe ich nur einen einzigen Satz gefunden, der kein Zitat ist und doch ein gewisses Verständnis für phänomenologisches Vorgehen aufblitzen läßt; er lautet: "Ein ‚medialer' Raum überschreibt [?] all das, was da schlicht [!] in einer gegebenen [!] Ordnung ‚ist' oder erscheint [!]" (S. 10). Hasse selber erläutert den zitierten Satz nicht weiter und kommt auch nirgends mehr auf seinen Inhalt zurück. In solcher Isolierung klingt er wie eine übernommene Formel. Mit hermeneutischem Wohlwollen betrachtet, handelt es sich durchaus um einen Satz aus phänomenologischem Geist. Man kann erstens einen Hinweis auf die phänomenologische Einstellung erkennen: die 'unvoreingenommene' Einstellung auf das, was als "schlicht" "gegeben" unzweifelhaft so "erscheint" oder entgegenkommt; im Ist-mit-Anführungszeichen bemerkt man überdies das Signal für ein Kernstück der phänomenologischen Einstellung und Methode, dessen klassische Bezeichnung '(phänomenologische) Epoché' oder auch 'phänomenologische Reduktion' lautet und für die es in jeder phänomenologischen Untersuchung, die im Bereich dessen bleibt, was Phänomenologie erlaubt, sprachliche, wenigstens funktionale Äquivalente gibt (griech. epoché: Anhalten, nämlich des Urteils). Sie wird bei Husserl z. B. als "Außer-Vollzug-Setzen", "Ausschalten" oder "Einklammerung des allgemeinen Seinsglaubens", "der Seinssetzung" (u. ä.) umschrieben, und eben diese "Einklammerung" - bei den geographischen Phänomenologen des angelsächsischen Sprachbereichs:
bracketing - kann man eben auch durch Anführungszeichen beim Verb 'sein' markieren. Erst diese Epoché - das Anhalten des von außen hinzukommenden theoretischen oder alltagsweltlichen Beobachterurteils über 'real' und 'irreal', 'Täuschung' und 'Nicht-Täuschung', 'wahr' und 'unwahr', 'echt' und 'unecht', 'Sein' und 'Schein'- trennt den vorweg theoriegeladenen Beobachter vom Phänomenologen als einem methodisch angestrengt unvoreingenommenen Zuschauer seiner eigenen Bewußtseinsmodi (und trennt damit z. B. auch das zeitgeistige Schwadronieren von einer phänomenologischen Untersuchung). Von seiner phänomenologischen Methode ist aber bei Hasse überhaupt nie die Rede, und noch weniger habe ich eine solche Methode bei ihm irgendwo in Aktion gefunden. Wenn er sich seinen "medialen Räumen" einmal bewußt schlicht und unvoreingenommen nähern will, klingt das nicht phänomenologisch; es hört sich eher nach Trivialliteratur an als nach etwas schlicht Gegebenem, z. B. so: "Mal liegen sie [die Räume] im Licht, mal im Schatten, mal durchweht sie ein Wind, mal peitscht sie ein Schauer, mal sind sie von Dunkelheit und Nacht durchtränkt" usw. (S. 9), oder so: "Wir gehen durch einen Buchenwald, wandern zwischen Atmosphären, lassen uns treffen, berühren und betroffen machen, schwingen uns zwischen den Tönungen raumwerdender Klänge hindurch" usw. (S. 77).
Es gibt bei Hasse auch so etwas wie Empirie; sie besteht im wesentlichen aus Anekdoten persönlicher Erlebnisse und dient der Illustration des beschriebenen Schemas. Von phänomenologischer Einstellung und phänomenologischer Epoché findet man auch hier keine Spur, auch nicht in reduziertester Form. Die bungee-jumper auf dem Fischmarkt von Bergen z. B. werden sofort unter die Kuratel extern herangetragener Begriffe gestellt - ganz und gar nicht zu ihrem Vorteil und schon deshalb ganz sicher nicht so, wie sich ihnen ihre Situation, ihre Körper und Körpergefühle mit Evidenz von ihnen selbst her zeigen (S. 30 ff.). Die armen Springer werden unverzüglich, unvermittelt und auf die denkbar schlichteste Weise zu Belegen für das melancholische Schema verarbeitet: Sie "dokumentieren" "einen unbestimmt empfundenen Mangel an sinnlichem Er-leben im alltäglichen Leben", sind "Ausdruck" eines "gesellschaftlichen Bedürfnisses", "bezeugen" "einen therapieverwandten Versuch, anthropologisch abhanden gekommener Leiblichkeit mit der Brechstange beizukommen" und bekommen schließlich noch ihre (Opfer)Rolle in Hasses universalhistorischem Klischee von der "zivilisationsgeschichtlichen Abschnürung des Leibes vom Körper" zugewiesen (alles S. 31, Kursivsetzung von G. H.). Auch zu Adornos "negativer Dialektik" paßt ein solches Vorgehen nur noch als abschreckendes Beispiel. So werden vor Hasses immergleichem "bösen Blick" tendenziell alle Leute (ausgenommen Hasse) zu dummen Kerlen, die nicht recht wissen, was eigentlich Sache und was mit ihnen eigentlich los ist.
Ähnlich der Bericht Hasses über ein Urlaubserlebnis auf La Gomera (der in seinen Brüchen und seiner eigenartigen Gestimmtheit eine eingehendere Dekonstruktion verdienen würde). Hasse beschreibt das im Vorübergehen (!) beobachtete Sonnenuntergangserleben einer in fast schweigender Kontemplation verharrenden Gruppe von "sogenannten 'Alternativen', 'Ökos' und 'Esos' " (alle drei von mir im weiteren kurz Esos genannt) und qualifiziert dieses Naturerleben nicht ohne Häme in langen Passagen als "sentimentalen Reflex", als "quasi-animistisch" und "animistisch-verklärt", als "Autosuggestion" in einer "emotionalen Treibhausatmosphäre" und letztlich als eine leibvergessene Verführung durch eine "aufs romantisierte Bild festgezurrte Ikone" (S. 123 f.). Aufgrund von "Vergesellschaftungsstrukturen" , so soll man schließen, sind sie auf das fixiert, "was in Ideologien, Sehwünsche und Seherwartungen paßt", und überhören so "die Sprache des eigenen Leibes", nämlich "das sinnliche Veto", das gleichzeitig von stinkenden Abwässern ausgeht. Auf diese Weise verpassen sie (im ausdrücklichen Gegensatz zum Beobachter der Situation) aber auch die Chance der Aufklärung und Befreiung. Kurz, unter einem gesellschaftskritisch-leibphänomenologisch bewaffneten Blick wird nach den "dekadenten Metropolen" und "Freizeitparadiesen" auch La Gomera zu einem Exempel fürs melancholische Schema; das melancholische Schema holt im Zeichen der Globalisierung jetzt auch die Zivilisationsflüchtlinge in ihren letzten Fluchträumen an der Peripherie ein. Voraussetzungsvoller und weiter von jeder Phänomenologie entfernt kann man eine Alltagssituation kaum beschreiben, und ich würde jedem Hippie auf La Gomera eine Beschreibung zutrauen, die mehr Realitätskontakt hält. Kurz, wenn das Phänomenologie ist, dann handelt es sich (wie auch sonst bei Hasse) um eine Phänomenologie, der alle methodischen Sicherungen durchgebrannt sind.
Sehen wir die Konstruktion etwas genauer an. Das "Naturschauspiel", das die Esos (in den Augen Hasses!) so hingerissen bewundern, komme "keineswegs ‚objektiv' aus der Natur des naturekstatischen Geschehens", wie es die Leibphänomenologie von H. Schmitz beschreibe; es stecke zuviel bloße Subjektivität und (Selbst)Täuschung darin. Warum? Erstens, weil die Passanten (darunter Hasse) diese Hingerissenheit nicht teilen. Das ist ein merkwürdiges Argument. Lesen wir genauer. Die Situation (in Hasses Beschreibung S. 123 f.): Die Esos sitzen, offenbar von den Passanten abgewandt, auf einer Mauer und schauen, alle mit gleicher Richtung des Blicks, auf die im Meer untergehende Sonne: Also einerseits die Esos in stiller Sonnenuntergangskontemplation, andererseits die Passanten, darunter Hasse, von denen (in Hasses Beschreibung) "jeder [!] dem ‚Naturschauspiel' mit Distanz gegenübersteht." Warum geht "jeder" auf Distanz zum Sonnenuntergang? "Der sozialen Gruppensituation [der Esos]" wegen. Diese soziale Situation wiederum wird so beschrieben: "Das Bei-sich-sein der informellen Stimmungsgruppe [der Esos] strahlt atmosphärisch auf Vorübergehende ab: Jeder [!] Passant nimmt sich atmosphärisch als Außenstehender und Fremder wahr - als Eindringling gar, sobald er es wagt, einen Moment stehenzubleiben." Ich allein kenne drei La Gomera-Besucher, die versichern, daß sie an dieser Stelle weder so fühlten, noch so handelten. ("Wer geht schon vor einem schönen Sonnenuntergang auf Distanz, nur weil eine Hippie-Gruppe ihn bewundert?")
Beobachten wir nun Hasse, wie und während er die Esos beobachtet: Nicht "jeder", er nimmt so wahr und fühlt sich so. Erst nimmt er sich als einen "Außenstehenden" und "Fremden" wahr, dann geht er auf Distanz, und schließlich qualifiziert er ab. Vielleicht ist folgende Beschreibung genauer: Er nimmt sich, vermutlich kontrafaktisch, als jemanden wahr, der als "Außenstehender" und "Eindringling" wahrgenommen wird, dann schreibt er, vermutlich wiederum kontrafaktisch, diese Wahrnehmungswahrnehmung "jedem" zu, daraufhin geht er auf Distanz (nicht ohne auch diese Distanz kontrafaktisch zu verallgemeinern) und setzt diese Distanznahme schließlich in eine theoretisch munitionierte Abwertung der ‚Anderen' um.
Kurz, projizierte Idiosynkrasie; jedenfalls genau das Gegenteil von dem, was uns im Kapitel über "transkulturelle Erfahrung" empfohlen wird. Dieses Sich-Distanzieren von einem bestimmten Erleben (hier: Naturerleben) ist zunächst und zugleich ein soziales Sich-Distinguieren (ein Lieblingsthema schon in Bourdieus Feinen Unterschieden): Hasse distinguiert sich als einer, der besser und richtiger erleben kann. Das ist bekanntlich gar kein guter Ausgangspunkt, um Erleben zu verstehen, sei es eigenes, sei es fremdes. - Selbstverständlich sollte auch diese Beobachtungs-Beobachtung wieder genau beobachtet werden.
Zweitens ist das Naturerleben der Esos für Hasse deshalb defizitär, weil sie sich in ihrer Hingerissenheit vom Sonnenuntergang nicht durch stinkende Abwässer stören lassen. In Hasses pretiöser Schreibweise:
"die Atmosphäre der 'Alternativen', 'Esos' und 'Ökos' wird olfaktorisch von übelriechendem Fäkaliengestank unterströmt. Die ‚Gruppe' ist diesem objektiven Sachverhalt gegenüber indes immun. Die aufs romantisierte Bild festgezurrte Ikone ist resistent gegenüber dem sinnlichen Veto der zur Kläranlage fließenden (stinkenden) Rinnsale." (S. 124)
Die Kerle ließen sich (nach Hasse) in dieser Situation (im Gegensatz zu Hasse) den Sonnenuntergang nicht durch Gerüche bzw. Umweltprobleme vermiesen. In Hasses Diktion: Es fehlte ihnen "das Erinnern zivilisatorischer Narben und Wunden" in der Natur sowie die Fähigkeit, sich "Natur aus einer selbstreferentiellen Perspektive erfahrbar werden" zu lassen (S. 125), z. B. durch Riechen am eigenen Leibe. Diagnose: Defizitäre Sinnlichkeit, defizitäres Naturerleben, mangelndes Umweltbewußtsein. Da steht ganz ausdrücklich eine eher "objektive", jedenfalls richtigere Wirklichkeitswahrnehmung (Hasse!) gegen eine eher (bloß) "subjektive", jedenfalls vergleichsweise defizitäre Wirklichkeitswahrnehmung mit starker Tendenz zur "[Selbst]Täuschung" und "Naturvergessenheit" (Esos!). Wieder kann man kaum weniger phänomenologisch denken. Ein Phänomenologe kann zwar legitimerweise z. B. aufzuzeigen versuchen, was wie im Bewusstsein als "objektiv" und als (bloß) "subjektiv", als "wirklich" und als "Täuschung" erscheint, aber er sollte nicht wie Hasse dekretieren, was (z. B. aufgrund einer vorweg eingeführten Theorie) im Alltag oder in einer Wissenschaft (oder gar: was an sich) "objektiv" und "[bloß] subjektiv" ist, schon gar nicht aufgrund solcher seltsamen Spielchen wie "Ich rieche was, was du nicht riechst."
An solchen Stellen sieht man auch, daß und warum phänomenologische Einstellung und Methodik an die sonstigen Ingredienzien der vorliegenden Arbeit gar nicht anschlussfähig ist: Ihr melancholisches Schema setzt ja voraus, daß der Beobachter letztlich den Schein vom Sein unterscheiden kann und die Täuschung als solche erkennt (bei Hasse eher: am eigenen Leibe erspürt) - und zwar auch bei den anderen, ganz unabhängig davon, was diesen anderen selber als ihre Wirklichkeit schlicht und unbezweifelt so gegeben erscheint. In diesem Schema muß der Beobachter (z. B. Hasse) die Superkompetenz der ontischen Unterscheidung (zwischen "real" und "irreal", zwischen einem bloß scheinbar und einem wirklich gelingenden Leben usf.) zumindest grundsätzlich nicht nur immer behalten, sondern auch ausüben. Diese Unterscheidung ist es ja gerade, die den entschei denden "Schreck", die "Zündung", das "Erwachen", das "Zu-sich-selbst-kommen" usf. sowie die "Sehnsucht nach einem Anderen" überhaupt erst auslöst. Die "Ubiquität der Täuschung", die "Melancholie" und "die Sehnsucht nach einem Anderen" können in diesem Schema nicht wieder selber bloß Täuschung oder Selbsttäuschung sein; das könnte nur ein Beobachter zweiter Ordnung meinen, z. B. der Autor dieses Besprechungsaufsatzes.
In Hasses Bericht über La Gomera z. B. wäre nur dann ein Funke von Phänomenologie und Hermeneutik hineingekommen, wenn er es geschafft hätte, von der abwertenden Interpretation eines fremden Blicks auf die Beobachtung seines eigenen Blicks auf diesen fremden Blick überzugehen. Dann hätte er die "Selbstreflexion" und "Selbstreferenz", die er einzufordern nicht müde wird, wenigstens einmal und ansatzweise selber vollzogen, und vielleicht wäre es ihm dann gelungen, der vielzitierten, die Epoché einfordernden Devise der phänomenologischen Geographen zu entsprechen: "To suspend one's taken-for-granted suppositions" (statt sie auf seine Weise nur überall bestätigt zu finden). Dann wäre der Beobachter Hasse wenigstens einmal von seiner god's eye view herabgestiegen und auch selber einmal in seiner eigenen Beobachtung aufgetaucht; seine "Theorie" wie er selber hätten dann jene "Selbstreferenz" bekommen, von der er immer spricht, zu der er aber aufgrund seines eigenen Vorgehens nie kommen kann. Im Falle von La Gomera hätte vielleicht schon eine winzige Handlung, ein harmloses Feldexperiment - z. B. ein Sich-Selbst-auf-die-Mauer-dazu-setzen, und sei es erst beim nächsten Sonnenuntergang - dem Leser viel erspart und dem Autor viel gebracht, z. B. ein "selbstreferentielles Wachwerden" (S. 99).
Vorschläge für alternative Lesarten
Die Arbeit scheint mir also metatheoretisch, theoretisch, methodisch und von ihren anderen Ergebnissen her bemerkenswert wenig herzugeben. Die Regeln des hermeneutischen Wohlwollens legen es aber auch und gerade unter solchen Umständen nahe, nach befriedigenderen Lesarten zu suchen. Zwar wird eine Arbeit im Lichte solcher alternativen Lesarten im allgemeinen nicht besser, aber möglicherweise interessanter. Es scheint mir nützlich, solche Vorschläge, einen Text auch einmal (ganz) anders zu lesen, möglichst offen und daher etwas unscharf zu formulieren (vgl. zum folgenden auch Wirths 1999).
Am fruchtbarsten ist die Lektüre der Arbeit wohl dann, wenn man sie, an einen Vorschlag Rortys "anknüpfend", als ein Stück Betroffenheits- und Weltanschauungsliteratur liest, wo ein bestimmtes Vokabular, das in der Geographie bisher eher unüblich war, ohne Anspruch auf Wirklichkeitsreferenz ausgebreitet und in einem fiktionalen Raum immer wieder durchgespielt wird. Auch auf literarische Qualität kommt es dabei nicht unbedingt an. Eine solche literarisch-ironische Lesart entspricht natürlich nicht der Intention des Autors, aber auch darauf kommt es dabei nicht an. In solcher Einstellung kann man dann den Text von Hasse auch unbefangener als eine der seltenen innergeographischen Spuren von außergeographischen Zeitgeist-Trends der letzten Jahrzehnte lesen, die man innerhalb der Geographie sonst nur selten und dann meist in zurückhaltenderen, sozusagen verschämteren Formen zu Gesicht bekommt. Um nur einige der eher formalen Merkmale dieser Trends anzudeuten: Abgehen von 'großer' wie von 'strenger' Theorie zugunsten eines 'schwachen', quasi-literarischen Theoretisierens (das man wohl besser als ein offenes, vielbezügliches Räsonnieren bezeichnet); allgemein 'kultur-' und 'humanwissenschaftliche' Orientierung anstelle der Dominanz von Sozial- und Wirtschaftstheorie; erhöhte Ansprüche auf Subjektivität bei Ermäßigung der Objektivitätsansprüche und Absenkung der semantisch-stilistischen Schamschwellen; eine weltanschauliche Aufladung der Themen und eine existentielle Zudringlichkeit in der Sprechweise, die in wissenschaftlicher Literatur gemeinhin durch Selbstzensur, positiver gesagt: durch ein gewisses Taktgefühl, weitgehend im Hintergrund gehalten werden.18
Außerdem gewinnt vieles an der Arbeit von Hasse mehr Sinn, wenn man in ihr vor allem das etwas verfremdete Wiedererscheinen eines traditionellen und umfassenden geographischen Bildungsanspruchs (auf die Bildung des 'ganzen Menschen') wahrnimmt und in Hasses Texten ein traditionsreiches Bildungskonzept sowie ein fundamentaldidaktisches Anliegen durchscheinen sieht, das von ihm mit Ästhetik, Leibphänomenologie, Universalverfallsgeschichte, stimmungshaften Residuen der kritischen Theorie sowie einigen Postmodernismen ausstaffiert und auf diese Weise fast verdeckt wird. Kenner der Geographiegeschichte könnten durchaus eine Parallelaktion zu einigen interessanten, reformpädagogisch inspirierten Anliegen der Landschaftsgeographie erkennen. Im übrigen gehörte zur vollständigen Idee der Allgemein- und Menschenbildung
neben dem Blick auf den 'ganzen Menschen in allen Grunddimensionen seiner Fähigkeiten' immer auch der - in Termini wie 'Autonomie' und 'Mündigkeit' festgehaltene - Anspruch, den Menschen auch zur Widerstandsfähigkeit gegen das Allgemein(gültig)e heranzubilden. Hasses unermüdliche Suche nach subjektverankerten subversiven Potentialen im allgemeinen Schlechten liest man m. E. am sinnvollsten im angedeuteten Kontext.
Schließlich kann man der Arbeit auch mehr Sinn abgewinnen, wenn man (um es etwas hochgestochen zu formulieren) ihre theoriegeschichtliche Intention wahrnimmt und disziplingeschichtlich lokalisiert. Man kann sie z. B. zu den jüngeren Versuchen zählen, das Subjekt, das Individuum, den (konkreten oder auch ganzen) Menschen im geographischen Diskurs wieder stärker zur Geltung zu bringen. Das wäre ebenfalls eine Parallele zu Teilen der Geographie, vor allem der Landschaftsgeographie, in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es entspricht aber auch einem jüngeren Trend. Schon Werlens Rezeptionserfolg beruht wohl auch auf seinem emphatischen Subjektbegriff, den er nicht nur handlungstheoretisch, sondern zuerst und vor allem sozialphänomenologisch eingeführt hat (allerdings nicht, wie Hasse die Leibphänomenologie von H. Schmitz, per Zitat und Referat, sondern diskutant rekonstruierend). Aber auch seine "handlungszentrierte Sozialgeographie" bringt (wie jeder handlungstheoretische Ansatz mit 'Handeln' als zentralem Begriff) schon aus sprach-logischen Gründen das 'Subjekt' in eine starke Position, zumal in Sprachen, wo sogar der Wind (in 'der Wind weht') im Täter-Tat-Schema, d. h. als Handelnder auftritt.19 Dieses 'Subjekt' pflegt im handlungstheoretischen Denken (auch als 'Individuum') ein Eigenleben zu entwickeln und kann sich dabei schließlich (zumindest implizit) zum Zentrum und Ursprung allen Handelns und Erlebens, ja aller Gegenstands- und Weltkonsitution aufschwingen. Das Handeln dieses Subjektes wird dann auch als soziales Handeln gedacht, und so ragt der Handelnde wie von selbst in die soziale Welt hinein; dieses 'Subjekt' oder 'Individuum' braucht aber selber dieser sozialen Welt gar nicht zugeordnet zu werden, zumindest nicht ganz: Man kann es zwischen sozialer, psychischer und 'leiblicher' Welt (durch alle drei Welten Poppers) flottieren, ja in ein "Anderes", Tieferes (z. B. "Natur") hineinreichen lassen und ihm sogar erlauben, gleichzeitig in und außerhalb der Gesellschaft, durch Sozialisation unterworfen ("vergesellschaftet") und zugleich gegenüber Kultur und Gesellschaft souverän zu sein.20
Hinter der geographischen Handlungstheorie steht sichtlich, wie diffus auch immer, auch ein ethischer und humanistischer Impuls. Bei Hasse und anderen wird der begründende und letztlich "ethische" Impuls (den er selbst so nennt, vgl. z. B. S. 27) noch deutlicher sichtbar: Der Impuls, am Individuum etwas festzustellen und festzuhalten - einen Kern oder einen Rest oder eine Tiefe - die sozusagen nicht bloß Gesellschaft, d. h. dem kolonisierenden gesellschaftlichen Durchgriff nicht völlig ausgeliefert sind; um wie Hasse zu reden: Einen Hort der Unverfügbarkeit, der Freiheit und der Utopie (vgl. z. B. S. 75, 95 u. ö.). Das 'Bewußtsein' z. B. scheint dafür nicht mehr zu taugen, weil es inzwischen (schon nach dem, was die semantischen Konnotationen des Wortes suggerieren) zumindest für Leute, die einmal etwas mit kritischer Theorie zu tun hatten, allzuleicht als allzu verfügbar, verführbar und zu einem falschen Bewußtsein kolonisierbar erscheint. In diesen Diskursen kommt ein positiv konnotiertes "Bewußtsein" fast nur noch als "Körper"-, "Leibes"-, und "Sinnenbewußtsein" vor, ja, schon "Subjekt" klingt fast zu bewußtseinshaft, zu naturfern und unleiblich für eine zentrale Rolle auf der Suche nach dem "Anderen". Was aber bleibt dann noch viel außer dem "ganzen Menschen", dem "Leib" (sowie einer zugehörigen, irgendwie als "befreiend" gedachten inneren Natur, Sinnlichkeit und Ästhetik)? Kurz, Hasse versucht etwas zu artikulieren, was Werlen klugerweise nur mit spitzen Fingern angefaßt hat: Die "andere", stärker gesellschaftsabgewandte Seite des Subjekts. Schon die Versuche Hasses scheinen mir aber zu zeigen, daß man auf einer solchen Schiene zumindest auf wissenschaftlicher, zumal sozialwissenschaftlicher Ebene nicht weit kommt, schon deshalb, weil man dann, wenn man der Sache näherkommen will, dauernd über Extrakommunikatives kommunizieren müßte. Das ist der eigentliche Grund, warum bei Hasse der Unsagbarkeitstopos zu wuchern beginnt.
Um nur eines der Folgeprobleme zu nennen, über die Hasse nie spricht und möglicherweise auch gar nicht sprechen kann: Was für eine "Natur", zumal "innere Natur", ist das, die er so oft unklar beruft und die er ganz nah am "Hort der Unverfügbarkeit, der Freiheit, der Einbildungskraft und der Utopie" lokalisiert, wenn nicht gar mit diesem "Hort" identifiziert? Das kann selbstredend nicht die "abstrakte" Natur der Naturwissenschaften sein, aber auch der nächste Kandidat, die "konkrete" alltagspragmatische Natur, kann nicht gemeint sein, zumindest nicht ohne weiteres: Diese "innere Natur, die wir selber sind", kann man ohne exzessive rousseauistische Illusionen kaum zu einem "Hort der Utopie" verklären, und sie ist, sei es als Körper, sei es als Leib, z. B. auch zerstörerischer, sinnloser Schmerz und Krebs; die äußere Natur wiederum, wie sie sich der unbefangenen Erfahrung pragmatisch zeigt ("Maul und Klauen blutig rot"), scheint eher "ein Pandämonium und Allerteufelstag" zu sein als ein Mimesis-tauglicher Gegenstand oder eine sinnlich-sinnstiftende Quelle für eine "Utopie gelingenden Lebens".21 Auch Hasses Loblieder auf die "Einbildungskraft" und den "Hort der Unverfügbarkeit", aus der sie komme, gelten wohl kaum der Einbildungskraft, dem Unverfügbaren und der inneren Natur von Dr. Hannibal Lecter oder Jeffrey Dahmer, sondern eher der Einbildungskraft etc. eines Gutmenschen (falls es den gibt). Hier zieht Hasse eine wertende Trennungslinie durch "Natur" und "Einbildungskraft" und konstituiert unter der Hand eine Art von dritter Natur, die aber in keiner Weise ausgewiesen wird (weder empirisch, noch theoretisch, noch transzendentalphilosophisch, noch sonstwie). Hasse läßt höchstens etwas ahnen, z. B. daß er sie sich als zugleich sinnlich und sinnstiftend denkt; man weiß aber nicht einmal, ob es sich um eine Wirklichkeit oder um eine Utopie oder um noch etwas anderes oder gleich um "das Andere" handeln soll. An dieser dritten Natur hängt alles. Ich glaube aber nicht, daß wir darüber je etwas Kontrollierbares erfahren werden. Denn diese dritte Natur müßte nicht nur "das Andere unseres Selbst", "das Andere der Kultur" und "das Andere der Gesellschaft", es müßte auch 'das Andere der Natur' sein, also das absolut Andere. Konsequent gedacht, müßte genau das auch der Gegenstand jener "Sehnsucht nach einem [unnennbaren] Anderen" sein, die der Melancholiker im letzten Satz seines Buches beschwört.
Rauchfahnen des Zeitgeistes
Der "theoriegeschichtliche" Ort der interpretierten Arbeit wird vielleicht noch etwas deutlicher, wenn man sie mit einem fast 30 Jahre älteren Text vergleicht, in dem man genau das gleiche, von der kritischen Theorie herkommende Grundschema findet. Der Text stammt von einem damals 24jährigen Geographiestudenten und ist 1971 im Geografiker 6 erschienen. Wie Hasse das Schema auf alle seine medialen Räume, so wendete der Student es auf den für Geographen traditionell wichtigsten aller medialen Räume, nämlich die Landschaft an, am klarsten im Schlußkapitel (S. 9 ff.). Der Text von 1971 verdiente es, weit eindringlicher interpretiert und detaillierter mit dem von 1997 verglichen zu werden; hier genügen einige Hinweise.22
Zwar hat sich das kultur- und gesellschaftskritische Vokabular an einigen Stellen auf charakteristische Weise verändert (z. B.: 1971 ist eher von "Ausbeutung" und "Repression", 1997 an analoger Stelle eher von "Täuschung" und "Verführung" die Rede), aber im Grundzug läuft die Zeitdiagnose von 1971 wie die von 1997 gleichermaßen auf die Falschheit des Ganzen hinaus: Fetischisierung von Technik, Rationalität und Wissenschaft, allgemeine Verblendung durch Ideologie, Unterdrückung des Menschen sowie Zerstörung der äußeren und inneren Natur etc. In diesem Repressions- und Verblendungszusammenhang könne auch das sinnliche Erleben der Landschaft nur dem "schönen falschen Schein" "aufsitzen", könne Landschaft (z. B. als "fotografisch fixiertes Urlaubsidyll") nur ein Fluchtraum für repressive "Befriedigung" und "Beschwichtigung" sein. Aber wie Hasses mediale Räume, so sind hier Landschaft und Landschaftserleben ambivalent, können "repressiv", aber auch "potentiell befreiend" wirken, und gerade "auf dem Hintergrund der verzweifelten Erfahrung des Alltags verwirklicht sich im Erlebnis der zur Landschaft gewordenen Natur gegen allen Schein auch jenes Moment, das gerade in seiner Vagheit die Hoffnung auf ein Besseres" oder "auf ein mögliches Anderssein" errege, nämlich auf eine "gelingende Vermittlung" oder "Versöhnung des Menschen mit seiner äußeren und inneren Natur". Das steht sinngemäß und z. T. wörtlich alles auch noch 1997 so da. Auch 1971 wird aus dem medialen Raum "Landschaft" eine Hoffnung/Utopie gelingenden Lebens herausgewittert. Im Text von 1971 wird aber der Grundgedanke der negativen Dialektik viel konsequenter eingesetzt: Der Hoffnungsfunke müsse "vage" und "uneindeutig" bleiben, denn "präzisieren hieße hier voreilig fixieren, worauf der Begriff [Versöhnung mit der Natur] eigentlich zielt: ein mögliches Anderssein" (ebd.). Trotz allem falschen Schein bietet also auch das Erleben der Landschaft
"die Möglichkeit, zu sich selbst zu kommen und aus der Antizipation einer künftigen menschlichen Wirklichkeit den Impuls zur Veränderung des Bestehenden nach Maßgabe des in ihm angelegten Real-Möglichen zu schöpfen. So verstandene Landschaft läßt die Möglichkeit offen, daß die Natur etwas von ihrer qualitativen [...] Eigenbedeutung zurückgewinnt, wenn die verrechnende Aneignung der Natur durch den Menschen ihre Aufhebung erfährt." (S. 10) Dergestalt kann im Landschaftserleben, im Moment der Umkodierung des "Symbols Landschaft", "das Andere" vierfach "vorscheinen": als Zu-sich-selbst-Kommen des Menschen, als befreite Gesellschaft, als Ende der Repression der inneren Natur und als Resurrektion der äußeren Natur.
Es handelt sich 1971 und 1997 um das gleiche Schema aus Apokalypse und Kairos, aber auch die Unterschiede (nicht nur im jeweiligen Jargon) sind vielsagend. Nicht nur, daß die Leerstelle des Schemas bei H. D. Schultz klarer als solche angezeigt wird; einige zentrale Stellen sind auch deutlich anders besetzt. Aus dem "handelnden Begreifen" von Natur und Landschaft ist 1997 das Fühlen und Spüren am eigenen Leibe geworden; 1971 sind die innere und äußere Natur noch nicht (wie 1997) per se und als bloße Natur ein Hort der Hoffnung und des Unverfügbaren, der Freiheit und der Utopie, sondern bedürfen beide erst noch einer "Humanisierung". Die entscheidenden Vermittlungs-, Versöhnungs- und Bildungsinstanzen heißen 1971 "Begreifen" und "Arbeit" (nach Hegel: Arbeit bildet!), 1997 eher z. B. "ästhetische Erfahrung" und "Selbsterkenntnis am eigenen Leibe"; 1971 hakt sich die Kulturkritik noch am "gesellschaftlich auferlegten Triebverzicht" fest, 1997 eher an der "Entsublimierung" der Lüste und der falschen "Entgrenzung des Sinnlichen". 1971 geht es um den gesellschaftlichen, 1997 eher um den fühlend-empfindenden Menschen; 1971 kommt der Sinn noch aus möglicher Zukunft und Geschichte, 1997 heißt die wichtigste Sinnressource "Sinnlichkeit", die allerdings als eine recht zahme, ausdrücklich "begrenzte", nicht "entsublimierte", nicht "hedonistische", nicht zu "süffige" Sinnlichkeit qualifiziert wird (vgl. bei Hasse z. B. S. 27). 1971 wird "Emanzipation" noch deutlich (wenn auch nicht nur) als politisch-kollektive Emanzipation gedacht, 1997 ist sie im wesentlichen ein privates Unternehmen geworden, bei dem es (ausdrücklich!) nicht zuletzt um "die Chance der Öffnung individueller Schlupflöcher" (S. 179 u. ö.) geht. Dazu paßt, daß 1971 dem adornesken Schema noch deutlich mehr Bloch-Euphorie und weniger Benjamin-Melancholie beigemischt war. Kurz, von 1971 auf 1997 kamen "die Geschichte", die "Zukunft" und die "Hoffnung auf eine bessere Gesellschaft" (oder eine "reale Demokratie") so gut wie ganz abhanden, und dabei ist man auf den Leib (und verwandte, zivilisationsgeschichtlich meist viel ältere Götter wie "Natur") gekommen. Zwar war 1971 wie 1997 gleichermaßen mit Emphase vom "Transzendieren" die Rede, aber dieses "Hoffen" und "Transzendieren" zielte jeweils in sehr verschiedene Richtungen (d. h. auf ganz andere Ausdeutungen der Leerstelle im gemeinsam benutzten Schema). Was schließlich 1971 noch völlig fehlte, war erstens die Melancholie, zweitens die bombastische Kulturkritik und drittens der ganze biedermeierlich-lebenshilfeliterarische warme Dunst um die fühlend-spürend betroffene oder ergriffene Leiblichkeit herum. Auch wer weder mit der einen noch der anderen dieser Transzendenzen je ernsthaft etwas am Hut hatte, wird diese merkliche Utopieschrumpfung und Utopieverbiederung doch auch mit ein wenig Bedauern beobachten. Ein weiterer Unterschied: Der damalige Student ließ das Passepartout-Schema wenig später wieder fallen (vielleicht nicht unbedingt als Formel für eine ‚metaphysische Gestimmtheit', aber doch als ein wissenschaftliches Instrument), weil es ihm auch für geographische Verhältnisse inzwischen doch entschieden zu schlicht vorkam.
Anmerkungen
1 Hasse, J. 1997: Mediale Räume. (= Wahrnehmungsgeographische Studien zur Regionalentwicklung, Heft 16) Oldenburg.
2 Für freundliche Belehrung über philosophische Phänomenologie und vieles andere bin ich Herrn Kollegen Heribert Boeder (Osnabrück) sehr verpflichtet; für anregende Gespräche über Theoriebildung, "Postmoderne" und ästhetische Erkenntnis in der Geographie danke ich Johannes Wirths (Wermelskirchen) und Eva Gelinsky (Göttingen).
3 Alle Ausdrücke und Texte in normalen (doppelten) Anführungszeichen sind hier wie im Folgenden direkte Zitate.
4 Dieser Taumel der Begriffe - wahrlich ein Taumel der (negativen) Simulakren - ist nur eine kleine Stichprobe, und er ist, wie man sich leicht überzeugen mag, in Hasses Texten ebenso perseverierend wie in meinem Resümee.
5 Mit der "Utopie gelingenden Lebens" steht es offenbar so ähnlich wie mit der Aura des Kunstwerks bei Benjamin: "Die Utopie des gelingenden Lebens ist präsent und doch zugleich in der Ferne", ja, "es [das gelingende Leben] ist aufgrund der historisch-anthropologischen Dispositionen des Menschen unmöglich" (S. 15). Wenige Sätze später ist es dann per Seel-Zitat doch möglich, ja sogar irgendwie wirklich, wenn auch wieder vollständig unbestimmt: Es liege nach Seel "in der Wahrung der Differenz", was für Hasse die Differenz zwischen dem "Selbst" und dem "vergesellschafteten Leben" ist (S. 16, Hervorhebung orig.).
6 Diese Ratschläge sind ihrerseits meistens mit Zitaten und anderen Autoritätsberufungen verbunden, z. B. "Es [!] käme [!] darauf an, die Kraft der Vernunft (der "großen Vernunft" im Sinne von Nietzsche) zu koordinieren: Das Denken, das Fühlen, das Wollen und das Handeln." (S. 27, Klammer orig.) Man beachte auch den für Hasse typischen adornesken Gebrauch des Konjunktivs als unbestimmten Optativ.
7 Oder ist es doch nur die Geographie? Oder sind es die Lehrer und Schüler im Geographieunterricht? Die Hasseschen Slogans klingen alle nach sog. affektiven Lernzielen im Zustand ihrer äußerster Abstraktion und hatten sinngemäß wohl ihren Höhepunkt vor 50-100 Jahren in der Literatur der deutschen Reformpädagogik; daher auch ihr durchgehend didaktisch-erbaulicher Ton. Hasse spricht gelegentlich selbst von der "bildungstheoretischen Perspektive", in der er spreche (z. B. S. 27). Seit den 80er Jahren findet man die genauen Parallelen in der Literatur der Ökopädagogik, vgl. z. B. Beer und De Haan, Hg. 1984; dazu z. B. Hard 1989.
8 Gelegentlich stellt Hasse auch direkt die "Frage nach dem Ort der Imagination und dem Hort der Utopie" (so S. 95). Auf diese Frage folgt dann klugerweise keine Antwort, sondern erstens eine Reihe von (vier) Fragen ins Unbeantwortbare hinein und zweitens eine abschließende Feststellung (eine Adorno-Baudrillard-Mixtur mit zwei adornesken Optativen): "Das [!] hieße, der Zweifel am Immer-so-Weiter [des schlechten Bestehenden, der ubiquitären Täuschung usw.] wüchse erst in dem Moment, in dem die Ideen unter dem Druck ihrer eigenen Überproduktion zu sterben begännen" (S. 95). Man erahnt den ortlosen Ort der Utopie nahe an einem Erlösungstod.
9 Die vorgeschlagene Interpretation müßte dem Autor gefallen, legt er doch selber Gewicht auf die Feststellung, alles wissenschaftliche Denken sei "erheblich von teilweise unbewußten affektiven Gestimmtheiten" bestimmt (S. 51). Er beruft sich dafür auf "neuere Studien" von 1993 und 1994. Eine viel wichtigere Formulierung dieses Sachverhalts stammt aus dem Jahre 1883 und steht in Diltheys "Einleitung in die Geisteswissenschaften". Auch in Philosophie und Geisteswissenschaften des 20. Jahrhunderts ist das immer ein Topos geblieben.- Zum Terminus "Genotext" vgl. Kristeva 1974. Bei Kristeva bezeichnet er eine körper- und triebnähere sowie den präödipalen Beziehungen zugeordnete Textebene "unterhalb" der kommunikativen Ebene des Phänotextes, und ich benutze ihn hier als losen Hinweis auf seine Herkunftstheorie.
10 Kein Wunder, daß Hasse in seiner Welt, wo alles - Werbung, Medien, Design, Architektur ... - "allein [!] dazu dient, der Individuen habhaft zu werden" (ebd.), zu deren Beschreibung auf die bekannten Vorstellungen von Schizophrenen zurückgreift, von irgendeiner "Macht" "nahezu grenzenlos", ja "total verschaltet" zu sein. Leider hält der hier wie anderswo diese Metaphorik seiner "teilweise unbewußten affektiven Gestimmtheiten" (Hasse) gern für Kulturkritik, gar für Gesellschaftstheorie.
11 Von der ersten bis zur letzten Seite nimmt der Autor für sich in Anspruch, zugleich innerhalb und außerhalb der von ihm so vernichtend beurteilten Gesellschaft zu stehen (also eine Inkarnation des eingeschlossenen ausgeschlossenen Dritten zu sein); daß darin ein Anspruch auf eine Art Gottesrolle, zumindest aber ein theoretisches Problem liegen könnte, kommt ihm aber nie in den Sinn.
12 Ein heutiger Wissenschaftler arbeitet vielleicht über das Melancholie-Motiv und über literarische Selbstkodierungen als Melancholiker, aber er wird sich aus Gründen des guten Geschmacks davor hüten, sich selber mittels "Melancholie" zu kodieren.
13 Zur Melancholie und melancholischen Landschaft des 17. Jahrhunderts vgl. z. B. Watanabe-O'Kelly 1978.
14 Die Neubesetzung der Transzendenz bringt eine erhebliche intellektuelle Entlastung: wie leichthändig verbindet Hasse doch z. B. sein "Anderes" mit einem "exotischen Nahrungsmittel"; wie viele Mühen der Reflexion investierten demgegenüber die alten Theologen, um ihren "Anderen" auch nur mit Brot und Wein zu verbinden! (Zu dieser Verflachung vgl. auch Hörisch 1992.) Auch das für Hasse offenbar so wichtige "Erinnern" als Stimulus seines "transzendierenden Funkensprungs" kommt über Benjamin aus einem religiösen Idiom, der chassidischen Mystik (chassidischer Spruch: "Das Geheimnis der Erlösung ist Erinnerung"); wie man sich am Text leicht überzeugen kann, macht das Motiv bei Hasse keinen ausweisbaren Sinn mehr. Mehr Sinn macht es noch, wenn Hasse das Erscheinen seiner transzendierenden Erfahrung mit einer üppigen Licht-, Zündungs-, Funken-, Blitz-, Plötzlichkeits-, Schreck-, Erwachens-, kurz Erweckungsmetaphorik ausstattet, die ebenfalls eine unmittelbare Parallele im religiösen Melancholiediskurs und in den mystischen Idiomen noch des 18./19. Jahrhunderts hat, dort aber wieder nicht wie bei Hasse das Andere, sondern den Anderen ankündigt, jedenfalls in beiden Fällen das Unsagbare ansagt. (Die wichtige Rolle, die der Unsagbarkeitstopos bei Hasse spielt, ist auch Helbrecht 1998, S. 189, aufgefallen.)
15 Das ist z. B. das Thema von Völkels Buch über "Muse Melancholie - Therapeutikum Poesie"; zu Baudelaire z. B. auch Mehnert 1978. Zum Thema dieses Kapitels vgl. jetzt auch Gelinsky 2000, Kapitel "Hasse als Literatur" (S. 111 ff.).
16 Vgl. z. B. Heidbrink 1994 (S. 281 ff., 291 ff.) über die Unmöglichkeit, heute noch sinnvoll an diesen gesellschaftskritischen Melancholiediskurs (und seine Ingredienzien wie: apokalyptisch-eschatologischer Grundton, verfallsgeschichtliche Perspektive, utopischer Negativismus usf.) anzuknüpfen. Vor allem müsse es mißlingen, diese philosophisch-literarische Melancholie und ihre Kategorien auf objektivierbare Verhältnisse - z. B. auf gesellschaftliche Zustände und Entwicklungen - zu beziehen. Das genau ist es aber, was Hasse unentwegt betreibt.
17 Meistens ontologisiert er nicht nur die Phänomene des Phänomenologen, sondern normativiert sie auch, z. B. S. 142 ff. u. ö., wo eine phänomenologische Beschreibung aus Schmit 1994 sinnloserweise zu etwas Wünschenswertem, Richtigen und Empfehlenswerten beim Erwerb echter "transkultureller Erfahrung" (und überhaupt zum Herbeiführen der "Sehnsucht nach einem Anderen") uminterpretiert wird.
18 Stilmerkmale der zuletzt genannten Art nimmt z. B. K. H. Bohrer (2000, S. 195) vor allem als Indizien von Provinzialismus wahr; vielleicht wäre hier aber auch eine - wertfrei zu definierende - Kategorie wie ‚wissenschaftlicher Kitsch' nützlich.
19 Schon wenn man mit 'Sinn' und 'Kommunikation' ansetzt, sieht das ganz anders aus; 'Handlung', 'Subjekt' usw. erscheinen dann erst an theoretisch nachgeordneter Stelle und mit veränderten Bedeutungen.
20 Man muß sich demgegenüber klarmachen, daß es Alternativen zur handlungszentrierten Theorie gibt, die ein komplexeres und leistungsfähigeres Theoriedesign aufweisen und auch weit weniger mit unklaren normativen Prämissen belastet sind (vgl. dazu z. B. Luhmann 1984, 1999). Der Siegeszug der handlungstheoretischen Orientierung in der Geographie beruht sicher vor allem darauf, daß sie ziemlich problemlos in den traditionellen geographischen common sense integriert werden konnte, aber auch gut in die regulations- und strukturationstheoretischen Um- und Neuformulierungen dieses common sense paßt: 'Handeln' 'greift' für den gesunden Menschenverstand nicht nur in die Gesellschaft, sondern auch in die physische Welt 'ein'; diese Vorstellung rehabilitiert das klassisch-geographische Weltbild und bietet (zusammen mit dem zugehörigen Bild vom 'handelnden Subjekt') auch dem modernen geographischen Wissenschaftlersubjekt ein überaus attraktives Selbstverständnis und sogar eine attraktive corporate identity an: Es kann sich nun besser als zuvor als einen Handelnden unter Handelnden (einen "Akteur" im Kreise zahlreicher "gesellschaftlicher Akteure") und als Teilnehmer an einer eingreifend-engagierten Geographie verstehen (für dieses Selbstverständnis vgl. z. B. Danielzyk 1998).
21 Paglia 1992. Ich zitiere (anstelle vieler anderer Möglichkeiten) Camille Paglia, weil man bei ihr eine besonders amüsante und rhetorisch furiose Kritik an den (glücklicherweise allmählich wieder aus der Mode kommenden) biedermeierlichen Verharmlosungen und Verlieblichungen der "inneren und äußeren Natur des Menschen" findet, also an dem, was man das "Meyer-Abich-Syndrom" genannt hat und für das wir nun in Hasses Text einen weiteren geographischen Beleg haben.
22 Der Autor von 1971 (H. D. Schultz) sagte mir im Jahr 2000, er habe seinen Text damals in einem durch Kirschlikör ungut euphorisierten Zustand geschrieben; aber so stark sollte man sich (wie ich meine) von seinem inneren "Dichter als jungem Mann" auch später nicht distanzieren. Der Text von 1971 war übrigens nicht zuletzt gegen G. Hard (1970) gerichtet, der die Funktion von Landschaft und Landschaftserleben in Gesellschaft und klassischer Geographie zu positiv [!] und undialektisch gesehen habe.
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Autor: Gerhard Hard

Quelle: geographische revue, 2. Jahrgang, 2000, Heft 2, S. 39-66