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Kategorie: Rezensionen

Klaus Rother und Franz Tichy: Italien - Geographie, Geschichte, Wirtschaft, Politik. Darmstadt 2000. 377 S.

Die neue Länderkunde Italien ist zweifellos mehr als die "Neubearbeitung einer 2. Auflage" der Publikation von FRANZ TICHY von 1985; dessen extrem breit angelegte, "klassische" Länderkunde mit einer kaum noch überschaubaren Fülle an raumbezogenen Informationen (allein die Literaturangaben umfassten 80 Seiten!) wird von KLAUS ROTHER zu einer aktuellen, komprimierten und vorzüglich ausgestatteten regionalen Geographie Italiens umgeformt. Etwa 50 perfekt durchgestaltete Farbkarten und 76 (meist von K. ROTHER erstellte) Farbbilder unterstützen die Absicht von Autor und Verlag, die umfassenden Textinformationen durch hohe Anschaulichkeit einem größeren Nutzerkreis zu erschließen. Genau diesem Ziel dienen auch zwei historisch-politische Kapitel ("geschichtliche Entwicklung bis 1945" sowie "politische Strukturen seit 1945"), die von disziplinfremden Fachleuten beigesteuert wurden.
Die geographische Raumanalyse folgt dem traditionellen Schema und behandelt nacheinander die Geofaktorenkomplexe Naturraum, Bevölkerung, Städte, ländliche Siedlungen, Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistungen. Diesen Gliederungspunkten werden jeweils als "Überblick" die wichtigsten Inhaltselemente vorangestellt. Was die sachlichen Schwerpunktsetzungen betrifft, so wird man einerseits - bei der hohen Kompetenz der Autoren fast selbstverständlich - eine wohl begründete Themenauswahl in einer sehr ausgewogenen Vermittlung feststellen. Andererseits erfordert jede Reduktion der komplexen Wirklichkeit im Rahmen einer Länderkunde auch den Verzicht auf gewisse Inhaltsbereiche: so ist z. B. in Kap. Bevölkerung die Mobilitätsanalyse beschränkt auf die Formen der Migration, während die zirkulären Bewegungen nicht thematisiert wurden.
Im Gegensatz zu den in den letzten Jahren erschienenen "neuen" Länderkunden der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft wird im Band Italien keine systematische Binnengliederung nach Regionen vorgenommen. Die beiden Autoren haben sich vielmehr darauf beschränkt, die staatliche Binnengliederung in einem einleitenden Kapitel ("Das Staatsgebiet") und in einem Schlusskapitel ("Die Großräume") auf der Basis des Nord-Süd-Gegensatzes kurz zu skizzieren. Die angefügten "Einblicke" (in denen auf 16 Seiten die Themen "Assisi", "Florenz", "Der Vittoriale degli Italiani und Salò", "Trient" und "Familie, Familismus" behandelt werden) stellen den Versuch dar, schlaglichtartig ergänzende Rauminformationen in das System einer regionalen Geographie einzubauen.    
Autor: Peter Weber

Quelle: Erdkunde, 55. Jahrgang, 2001, Heft 2, S. 205