Drucken
Kategorie: Rezensionen

Andreas Kagermeier, Thomas J. Mager und Thomas W. Zängler (Hg.): Mobilitätskonzepte in Ballungsräumen. Mannheim 2002 (Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung 2) 306 S.

Als man sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auf die „Charta von Athen" als Basis zur Gestaltung von Städten verständigte, konnte man Verkehr als wichtigen, auszubauenden und zukunftsträchtig expandierenden Sektor benennen. Insbesondere die damals neuen technischen Möglichkeiten der Mobilität trugen zu einer funktionalen Differenzierung der Stadt bei. Inzwischen hat sich das tägliche Verkehrsaufkommen in einem Maße gesteigert und intensiviert, dass den Ballungsräumen und Metropolen der Welt in Kürze der Kollaps zu drohen scheint.

Vor diesem Hintergrund der weltweit bestehenden Mobilitätsprobleme legt das Herausgeberkollektiv KAGERMEIER, MAGER und ZÄNGLER einen Sammelband in der Reihe „Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung" vor, in dem es versucht, drei Ziele zu erreichen: die verkehrswissenschaftliche Bearbeitung von Mobilitätsproblemen in Ballungsräumen, die Diskussion und Darstellung der Planungspraxis zur Organisation von Mobilität sowie die praktische Gestaltung von Verkehrssystemen. Diese Ziele sollen in fünf verschiedenen thematischen Bereichen mit  22 Einzelbeiträgen eingelöst werden.
Im ersten Teil behandeln drei Beiträge den ÖPNV in der Region München und heben auf Akteure, Planungen und Herausforderungen ab. Dieser Teil des Buches kann mit Fug und Recht als Werbeblock für die S-Bahn München GmbH und die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bezeichnet werden und ist als Aufmacher für die Publikation zwar etwas lang geraten, aber sicherlich vertretbar.
Im folgenden Themenbereich wird ausführlich das Leitprojekt MOBINET, ein integraler Bestandteil des kooperativen Verkehrsmanagements für Stadt und Region München, als innovatives Konzept für die mobile Gesellschaft vorgestellt. Nach der Skizze des Verkehrskonzepts erfährt der Leser auch die möglichen Effekte von Telearbeit und Online-Shopping für die Mobilität.
Während in diesem Teil noch vorwiegend Konzepte und Absichtserklärungen dargestellt werden, versuchen die Autoren im folgenden Block, der mit „Ansätze zum Mobilitätsmanagement in der Region München" überschrieben ist, die durch MOBINET zu erzielenden Effekte anzupreisen. Dabei spielt die Mobilitätsberatung eine durchaus gewichtige Rolle. Die Planer setzen durchwegs auf eine Konzeption, die  „unten" beim Haushalt beginnt.
Im vierten Block dominieren ebenfalls konzeptionelle Beiträge, bei denen allerdings das Verkehrskonzept für das Westfalenstadion Dortmund positiv hervorzuheben ist. Insbesondere der fünfte Teil ist für den Leser nachdrücklich zu empfehlen, da dort sowohl die generelle Verkehrsproblematik des „Vereinigten Königreiches" angesprochen, als auch ein konstruktiver und innovativer Beitrag zur Lösung von Mobilitätsproblemen in Mega-Cities am Beispiel Bogotá/Kolumbien vorgeführt wird.
Die Attraktivität des Bandes ist vor allem durch die verschiedenen beteiligten Disziplinen und die daraus entstehenden unterschiedlichen Perspektiven auf Mobilität in Ballungsräumen bedingt. Ebenso ist hervorzuheben, dass im letzten Abschnitt internationale Beispiele von Mobilitätskonzepten herangezogen werden, um die Problematik innerstädtischer Mobilität aufzuzeigen. Allerdings ist es schade, dass nicht versucht wurde, die einzelnen Perspektiven über einen vergleichenden oder einen theoretischen Ansatz zu diskutieren.
Dennoch ist die vorliegende Publikation allen Disziplinen, die sich mit Mobilität in Ballungsräumen theoretisch und empirisch oder planerisch beschäftigen, dringend als anregende Lektüre zu empfehlen.    
Autor: Anton Escher

Quelle: Erdkunde, 57. Jahrgang, 2003, Heft 3, S. 256-257