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Kategorie: Rezensionen

Markus Mayer: Jungendkonflikte und Entwicklungsplanung. Eine sozialgeographische Analyse der Lebenschancen Jugendlicher und der Potentiale dezentraler Planung in Sri Lanka. Saarbrücken 2002 (Studien zur Geographischen Entwicklungsforschung 21). 366 S.

Die Argumentation der Fallstudie nimmt ihren Ausgang bei der Feststellung einer Widersprüchlichkeit, die der Autor in dem relativ hohen Grad sozialer Sicherung und Bildung und damit geringer "sozialer Verwundbarkeit" der Bevölkerung Sri Lankas bei gleichzeitig hohem sozialem Konfliktpotential sieht. Da dieses Konfliktpotential vorrangig auf Seiten der jungen Bevölkerung, der Jugend, zu beobachten ist, konzentriert sich die Studie auf dieses Segment der Bevölkerung. Der Autor wendet sich der Frage nach dem Beitrag regionaler Entwicklungsmaßnahmen zur Herabsetzung sozialer Spannungen auf der Basis einer Analyse der Befindlichkeit der jugendlichen Zielgruppe zu. Ausgehend von dem entwicklungstheoretischen Konzept der "Verwundbarkeit" und einiger konflikttheoretischer Überlegungen bezieht sich der Autor auf jüngere Thesen von AMARTYA SEN mit einem im Vergleich zu früheren Argumenten erweiterten Verständnis von "Entwicklung" und entwirft vor diesem Hintergrund seinen Ansatz der "Lebenschancen". Ausschlaggebend sind in diesem Konzept die Komponenten "Regionale Identität", "Soziale Integration" und "Empowerment", die, so die Annahme, in ihrer spezifischen Artikulation bei den Jugendlichen über deren Konfliktbereitschaft entscheiden. Diese Weiterentwicklung des Verwundbarkeitskonzepts ist innovativ und durchaus inspirierend - gerade auch im Kontext der jüngst virulenten Debatte um die Bedeutung des Kulturellen für die Entwicklungsfort- und -rückschritte von
Regionen.
Die benannten Komponenten müssten nun durch eine gezielte Operationalisierung für die Empirie, das heißt über eine Bestimmung der Indikatoren, an Hand derer die Artikulation dieser Komponenten bei der Zielgruppe festzustellen ist, der Analyse zugänglich gemacht und mit der jeweiligen Ausprägung von Konfliktbereitschaft korreliert werden.
Diesem Anspruch genügt die Studie jedoch nicht und lässt den Leser enttäuscht zurück. So verwundert es schließlich auch nicht, dass die Ergebnisse der jeweils auf einzelne der Komponenten ausgerichteten Unterkapitel keinen nennenswerten Erkenntnisgewinn im Vergleich zu dem in der Einführung der Arbeit zitierten "Youth Commission Report" von 1990 (Kap. 1.3.3.1) bieten. Vor diesem Hintergrund erklärt sich schließlich auch die sehr allgemeine und nicht auf die Ergebnisse der Datenanalyse bezogene Programmatik des Schlusskapitels, in dem auch der Vergleich mit Dezentralisierungsprozessen in der indischen Provinz Kerala nicht unter Reflexion des theoretischen Ansatzes genutzt und interpretiert wird und dadurch fehl platziert erscheint. Abschließend bleibt festzustellen, dass die Studie für all jene interessant ist, die zum einen Informationen zu den politischen Hintergründen der Jugendkonflikte in Sri Lanka, oder zum anderen ein interessantes Beispiel einer Problem orientierten Weiterentwicklung der Verwundbarkeitsdebatte suchen - und vielleicht gerade unter Reflexion der dargelegten Defizite im Kontext der inhaltlich-methodischen Operationalisierung zu eigenen Lösungsvorschlägen gelangen wollen.    
Autorin: Sabine Tröger

Quelle: Erdkunde, 59. Jahrgang, 2005, Heft 1, S. 64