Werner Gronau: Freizeitmobilität und Freizeitstile. Ein praxisorientierter Ansatz zur Modellierung des Verkehrsmittelwahlverhaltens an Freizeitgroßeinrichtungen. Mannheim 2005 (Studien zur Mobilitäts- und Verkehrsforschung 9). 163 S.

Die Dissertation von WERNER GRONAU greift ein wichtiges Thema der gegenwärtigen Freizeit- und Fremdenverkehrsgeographie auf. Bereits seit den 1990er Jahren wurde deutlich, dass die Verkehr induzierenden Faktoren nicht nur abhängig sind von Siedlungsgröße und verkehrstechnischen Infrastrukturen. Eine entscheidende Rolle spielen werteorientierte Individualentscheidungen, die sich aufgrund der äußerst vielfältigen Ausdrucksformen zunächst einmal nur schwer erfassen und systematisieren lassen.

In der Arbeit steht die Suche nach geeigneten Erklärungsansätzen zum Verkehrsgeschehen um reizeitgroßeinrichtungen im Vordergrund, die auf Entscheidungsprozessen außerhalb des üblicherweise unterstellten raumfunktionalen Bedürfnisfelds eines "homo oeconomicus" beruhen. Die Grundlage bildet dabei das aus den Sozialwissenschaften stammende Konzept der Lebensstilgruppen, das bereits auch in andere Teildisziplinen der Anthropogeographie Eingang gefunden hat. Das Lebensstilgruppen-Konzept geht von einem Bedeutungsverlust ökonomischer Lebensziele nach Erreichen eines bestimmten Wohlstandsniveaus aus. Dies gilt in besonderem Maße für das Freizeitverhalten der Menschen. Daher liegt es nahe, diesen Ansatz auf das freizeitbezogene Verkehrsgeschehen zu übertragen und zu einer möglichst quantifizierbaren Modellierung des Verkehrsmittelwahlverhaltens zu gelangen. Grundlage für die Konstruktion von Freizeitverkehrsgruppen bildete eine regional geclusterte Haushaltsbefragung mit acht - nach inhaltlicher Ausrichtung, Erreichbarkeit und regionalem Standort ausgewählten - VorortErhebungen in Freizeitgroßeinrichtungen. Der Autor leitet schließlich sieben, Freizeitverkehrsgruppen ("Preissensible Bequeme", "Sportlich Umweltbewusste", "Spaßorientierte Autofreunde", "Außenorientierte Sportler", "Vielseitige
Familienmenschen", "Ruhige Genießer" und "Eilige Individualisten") ab, deren Verkehrsmittelwahl sich nach den Eigenschaften der jeweiligen Freizeitgroßeinrichtung richtet und die sich für die Durchführung von Simulationen des Modal-Splits eignen.
Die interdisziplinär ausgerichtete Arbeit - sie bewegt sich im Spannungsfeld von Freizeit-, Verkehrs- und Lebensstilforschung - bietet somit einen innovativen Impuls für die praxisorientierte Tourismusgeographie. Sie ist daher trotz einiger begrifflicher Unklarheiten und des streckenweise etwas mäßig redigierten Textes Fachleuten zu empfehlen.
Autor: Frank Dickmann

Quelle: Erdkunde, 60. Jahrgang, 2006, Heft 3, S. 293