Helmut Schneider (Hg.): Nachhaltigkeit als regulative Idee in der geographischen Stadt- und Tourismusforschung. Hamburg 2006 (Geographie: Forschung und Wissenschaft 1). 267 S.

Die 1990er Jahre waren in starkem Maße von der gesellschaftspolitischen und fachwissenschaftlichen Diskussion über und Auseinandersetzung mit dem Paradigma der Nachhal-tigkeit geprägt. Knapp 15 Jahre nach der Konferenz von Rio ist es das Ziel dieses Bandes, eine Art Zwischenresümee für den Bereich der Stadt- und Tourismusforschung zu ziehen.
Die thematische Fokussierung resultiert aus der Tatsache, dass es sich um eine Zusammenstellung von Beiträgen handelt, die im Zusammenhang mit der Würdigung der wissenschaftlichen Tätigkeit von Prof. Dr. KARL VORLAUFER steht und die von Herrn VORLAUFER schwerpunktmäßig bearbeiteten Themenfelder aufgreift.
Damit verbunden ist auch nicht der Anspruch, eine systematische Synopse des Diskussionsprozesses und der dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichteten stadt- und tourismusgeographischen Forschung zu liefern. Vielmehr werden ausgewählte Teilaspekte in mehreren unabhängig voneinander verfassten Beiträgen behandelt. Im einleitenden Beitrag des Herausgebers werden die Bezüge der Nachhaltigkeitsdiskussion zur Disziplin Geographie thematisiert und dabei insbesondere auf das Drei-Säulen-Modell WEICHHARDTs abgestellt. Die dort entwickelte 3. Säule der zwischen Physischer und Humangeographie stehender Gesellschaft-Umwelt-Forschung wird als tragfähig und zukunftsweisend für die dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichtete geographische Forschung gesehen.
Drei Beiträge widmen sich der Stadtforschung. Dabei wird das Spektrum von stadtpolitischen Leitbildern  in urbanen Steuerungsregimen am Beispiel von Hamburg (OSSENBRÜGGE) über die Reflexion der Stadtentwicklungspolitik im Frankfurter Raum (FREUND) bis zu den den Urbanisierungsprozessen im subsaharischen Afrika (THOMI) gespannt. Die die deutschen Metropolen behandelnden Beiträge zeigen deutlich, dass das Primat der ökonomischen Kräfte auch nach 15 Jahren Nachhaltigkeitsdiskussion im Kern nicht grundsätzlich in Frage gestellt wird. Als zentrales inhibierendes Moment einer stärker in Richtung Nachhaltigkeit zielenden Stadtentwicklung in Afrika werden die Defizite im Bereich der local governance identifiziert.
Dem Bereich der Tourismusforschung sind vier Beiträge gewidmet. Im einleitenden Überblicksbeitrag zu diesem Teil wird von HEIN ebenfalls die Rolle von Governance als wichtige Stellgröße heraus gestellt. Die drei folgenden Beiträge stellen Fallstudien der drei Regionen Ostafrika (JOB), Thailand (BECKER-BAUMANN u. SCHMITT) sowie Deutschland (BECKER) dar. Die behandelten Räume werden jeweils auf den Grad der Orientierung der touristischen Entwicklung in Richtung Nachhaltigkeit analysiert sowie Umsetzungserfolge vorgestellt bzw. -hemmnisse reflektiert.
Insgesamt handelt es sich um einen Band der lesenswerte Beiträge zur im Kontext einer dem Nachhaltigkeitsgedanken verpflichteten geographischen Stadt- und Tourismusforschung enthält. Da die einzelnen behandelten Beispiele allerdings mit unterschiedlichsten theoretischen und methodischen Zugängen analysiert werden, wirken die einzelnen Beiträge relativ isoliert und werden von der weiten Klammer "Nachhaltigkeit" nur begrenzt integriert.
Autor: Andreas Kagermeier

Quelle: Erdkunde, 61. Jahrgang, 2007, Heft 2, S. 219-220