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Kategorie: Rezensionen

Peter Haggett: Geographie. Eine globale Synthese. 3. Aufl. Stuttgart 2004. 848 S.

Die Globalisierung hat jetzt offenbar auch das bewährte Lehrbuch der Geographie von Peter HAGGETT erreicht. Denn in der dritten Auflage der deutschen Fassung, die der vierten, völlig überarbeiteten englischsprachigen Originalfassung entspricht, ändert sich der traditionelle Titel von "Geography - A modern Synthesis" (erstmals 1972 veröffentlicht) bzw. "Geographie - Eine moderne Synthese" (in Deutsch erstmals 1983 erschienen) nun zur "gobalen Synthese". Diese Umbenennung macht Sinn. Zwar zeichnete auch die bisherigen Theoriebezüge und Fallbeispiele des Lehrbuchs eine weltweit ausgerichtete Perspektive und
globale Betrachtungsmuster aus (und zwar lange bevor das Modewort "Globalisierung" erfunden war), so dass eine Betonung dieses Ansatzes eigentlich nicht notwendig gewesen wäre, jedoch handelt es sich bei der dritten deutschsprachigen Auflage, im Gegensatz zu den Vorgängerausgaben, nicht um eine unveränderte Wiederauflage oder einen Nachdruck des insgesamt in sechs Sprachen übersetzten Verkaufsschlagers, sondern um ein grundsätzlich neu überarbeitetes Werk. Der hohe Anspruch des Autors, zugleich einen umfassenden Überblick über die Arbeitsweisen und Denkrichtungen der verschieden geographischen Teildisziplinen zu liefern und gleichzeitig das Alleinstellungsmerkmal der Geographie als einer Disziplin zwischen Natur- und Geisteswissenschaften herauszustellen, gelingt auf hervorragende Weise. Dabei wird Bewährtes beibehalten und durch aktuelle Bezüge erweitert, jedoch auch Neues eingebaut. Letzteres gilt vor allem für die Abschnitte zu den Themen "geographische Spannungen", "wirtschaftliche Ungleichheiten", "Netzwerke" sowie zu Methoden wie GIS und Fernerkundung. Streiten ließe sich sicher darüber, ob es unbedingt "Ötzi" sein musste, der den Abschnitt über frühe Migrationsbewegungen illustriert oder warum denn das didaktisch nur mühsam umsetzbare Kapitel "On the Beach" überleben musste. Insgesamt wird jedoch ein hochaktuelles, in der Wahl der Themen ausgeglichenes und auf Erfahrungen im Lehren des Systems der Geographie aufgebautes Werk präsentiert, das in keiner geographischen Lehrbuchsammlung fehlen sollte. Den Fragmentierern der Geographie, den "Huntingtons des aktuellen Geographie-Selbstverständnis-Diskurses" wird das Lehrbuch dennoch weniger gefallen. Leicht zu prognostizieren ist daher die aus dieser Richtung zu erwartende potentielle Kritik, es handele sich um die Wiederaufbereitung von Altbekanntem, während erfahrene Lehrende gerade in der Betonung der Mittlerstellung zwischen Physischer Geographie und Humangeographie den besonderen Wert des Werkes als Lehrbuch schätzen werden.    
Autor: Andreas Dittmann

Quelle: Erdkunde, 61. Jahrgang, 2007, Heft 2, S. 221