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Kategorie: Rezensionen

John Bellamy Foster: Ecology Against Capitalism. New York 2002. 176 S.

Die Debatte, ob Kapitalismus und Ökologie miteinander kompatibel sind oder aber unüberbrückbare Gegensätze darstellen, ist seit dem UN-Weltgipfel für Umwelt und Entwicklung 1992 breit diskutiert worden. In den westlichen Gesellschaften wurden seither vielfältige Maßnahmen ergriffen, um die negativen Auswirkungen der herrschenden Produktionsweise zu reduzieren. Ökosteuer, Ökomanagementsysteme, Zertifizierungsinstrumente (ISO, EMAS, Ökoprofit usw.), Ökoeffizienzstrategien und ähnliche Konzepte werden mit mehr oder weniger Erfolg praktiziert.

Dennoch kommt es zu einem weiteren Anstieg des Umweltverbrauchs. Foster, einer der führenden marxistischen Theoretiker politischer Ökologie, besteht darauf, Umweltanalyse und -politik nie abgekoppelt von einer Kritik der kapitalistischen Produktionsweise zu betreiben (7). Die Essaysammlung führt dies an einer Vielzahl von Themen vor: Verf. zeichnet die Konsequenzen des ökonomischen Reduktionismus für Umwelt und soziale Zusammenhänge nach, diskutiert die Problematik einer globalen Ökologie und der ›Gemeinschaftsgüter‹, erörtert die weitverbreitete Ideologie, Technologie als Antwort auf die Umweltkrise des Kapitalismus anzusehen, reflektiert über Malthus Essay zur Bevölkerungsentwicklung 200 Jahre nach dessen Erstveröffentlichung und schreibt über die Überbeanspruchung der Bodenfruchtbarkeit mit historischem Bezug auf den deutschen Chemiker Justus von Liebig und auf Marx.
Einleitend zitiert Verf. zustimmend eine Klassikerin der politischen Ökologie von 1963, Rachel Carson: "Die moderne Welt betet die Götter Geschwindigkeit und Quantität und den schnellen und einfachen Profit an, und aus dieser Vergötterung ergab sich monströses Unheil." (24) Sie bestritt, dass das ökonomische System, das die globalen Umweltprobleme erst schafft, deren Lösung generieren könne. Foster führt vor, dass z.B. eine Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Materialverbrauch bislang in unzureichendem Maße erfolgt ist. Umweltschonende Wirkungen werden meist von den Skaleneffekten, d.h. der steigenden Produktion von Gütern konterkariert ("Rebound-Effekte"). Unerwähnt lässt er an dieser Stelle die Potenzierung der Probleme, die aus der globalen Ausbreitung dieser kapitalistischen, nicht-nachhaltigen Produktionsweise erwachsen. Der Verweis auf "Dematerialisierung", d.h. die Strategie einer Effizienzsteigerung innerhalb des Kapitalismus sei ein Mythos und kann in hinreichendem Maße nicht verwirklicht werden (ebd.).
Aus diesen Überlegungen ergeben sich zwei Optionen: "entweder eine Zurückweisung der ›Götter des Profits‹ und stattdessen die Hinwendung zu einer harmonischeren Koevolution von Natur und Gesellschaft, was gleichzeitig zu einer gerechteren und ausgewogeneren sozialen Ordnung beitrüge - oder aber die natürlichen Konsequenzen in Form einer ökologischen und sozialen Krise, die schnell außer Kontrolle geraten können, mit irreversiblen und desaströsen Konsequenzen" (25). Unbeantwortet bleibt allerdings die Frage nach konkreten Akteuren und Handlungsstrategien. Am Beispiel der Ignoranz von US-Präsident Bush und dessen Versuchen, wissenschaftliche Erkenntnisse regierungseigener Gremien zu umgehen, macht Foster deutlich, dass das Wissen um die ökologische Krise nicht in einem ›freien‹ Diskurs, sondern in permanenten Auseinandersetzungen zur Geltung gebracht werden muss. Trotz aller Schwächen des Prozesses von Rio, die er im Kapitel "Nachhaltigkeit von was?" ausführt, markiert der UN-Erdgipfel für Verf. Einen "Wendepunkt in der Weltgeschichte" (79). Die Exzesse der entwickelten kapitalistischen Staaten und deren Auswirkungen auf die Peripherie der Weltwirtschaft seien anzuprangern: "Ökologische Kämpfe sind daher untrennbar verbunden mit den Kämpfen gegen Imperialismus, der angesichts der Ausbeutung der Ressourcen der Erde eine neue Bedeutung erhält." (82)
Autor: Edgar Göll

Quelle: Das Argument, 45. Jahrgang, 2003, S. 911-912