Stefan Krätke: Europas Stadtsystem zwischen Metropolisierung und Globalisierung. Profile und Entwicklungspfade der Großstadtregionen Europas im Strukturwandel zur wissensintensiven Wirtschaft. Berlin et al. (Beiträge zur europäischen Stadt- und Regionalforschung) 2007. 165 S.

Der Wert dieser sehr fundierten Untersuchung liegt in der Daten- und Ergebnisdokumentation. Das durch viele anschauliche Karten und sektorale Strukturprofile abgebildete europäische Stadtsystem 2005 mit den Veränderungen seit 1997 besteht aus 54 städtischen Räumen auf der NUTS-3-Ebene mit jeweils mehr als 450 000 Einwohnern in der Kernstadt und mehr als einer Million Einwohnern insgesamt sowie drei kleineren Räumen (die Hauptstadtregionen der Slowakei und Sloweniens sowie der Raum Zaragoza).

Karten und Profile ermöglichen einen Vergleich der wissensintensiven Tätigkeiten in den städtischen Räumen, z. B. zwischen den Bankzentren London und Frankfurt. Das Beispiel zeigt, dass bei einem Vergleich auf der europäischen Maßstabsebene deutliche Unterschiede zur nationalen Ebene bestehen, wo Finanzdienstleistungen in Frankfurt erheblich höher gewichtet werden. Die Mehrheit der Räume in der EU bestimmen sowohl forschungsintensive Industrietätigkeiten als auch technologieintensive Dienstleistungen. Diese Dienstleistungen entwickeln sich auch in Übereinstimmung mit den Erfahrungen in den neuen Ländern deutlich besser als die übrige Wirtschaft. Warum sie in starkem Maße die Wettbewerbsfähigkeit der städtischen Räume bestimmen und warum die räumlichen Disparitäten in der EU größer werden, bleibt in dieser Untersuchung weitgehend offen, da ein systematischer Erklärungsansatz im Rahmen der "Global-City"-Forschung nicht gesucht wurde. Unklar bleiben vor allem die Begriffe, die die Rahmenbedingungen der Veränderung beschreiben und möglicherweise sehr stark beeinflussen, Globalisierung und Metropolisierung, verstanden als ein dazu entgegen gesetzter Trend (räumliche Konzentration der wirtschaftlichen Entwicklungspotenziale), ebenso die Bestimmung und Operationalisierung dieser Potenziale. In der sehr nüchtern analysierenden Arbeit wird Kritik an der deutschen Bildungs-,Wissenschafts- und Wirtschaftspolitik auch ohne die Charakterisierung wichtiger Akteure als "Funktionscliquen der neoliberalen Einheitspartei Deutschlands" auf dem "Weg zur neoliberalen Grünschnabelwirtschaft" verständlich.
Autor: Wolf Gaebe

Quelle: Die Erde, 140. Jahrgang, 2009, Heft 1, S. 46