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Kategorie: Rezensionen

Heinrich Barth: Corinthiorum commercii et mercaturae historiae particula. Hrsg. von Cornelius Trebbin. Köln 2002 (Africa explorata 2). 216 S.  Nachdruck der Ausg. von 1844

Die Heinrich-Barth-Gesellschaft und das Heinrich-Barth-Institut in Köln haben es sich zur Aufgabe gemacht, die Erinnerung an den Geographen und Historiker HEINRICH BARTH (1821-1865) in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit zu wecken und zu fördern und dessen Bedeutung als Mittler zwischen Afrika und Europa wieder bewusst zu machen. Die hier im Neudruck vorgelegte lateinische Dissertation entstand an der Universität in Berlin, wo Barth Altertumswissenschaften und Geographie studiert hatte. Die Arbeit stand unter der Ägide des Altphilologen August Boeckh (1785-1867) und des Wegbereiters der modernen Allgemeinen Historischen Geographie Carl Ritter (1779-1859).

Der lateinische Text der Dissertation wird hier mit deutscher (10-128; PETER WITZMANN) und mit englischer Übersetzung (129-160; PETER KREMER, JOHN ALEXANDER) vorgelegt. Abgeschlossen wird das in jeder Hinsicht sorgfältig gestaltete Buch mit einem bibliographischen Anhang, in dem PETER KREMER (vgl. P. KREMER: Der schwarze Erdtheil. Afrika im Spiegel alter Bücher 1484-1884. Köln 1984), u.a. die Schriften von BARTH (177-188) und seine publizierte Korrespondenz (188-193) aufgelistet hat.
Man mag daran zweifeln, ob eine Dissertation aus der Mitte des 19. Jahrhunderts heute noch von mehr als nur antiquarischem Interesse sein kann. Doch macht die Würdigung, die CHRISTIANE DEHL-VON KAENEL der Dissertation widmet (163-171), deutlich, dass diese Arbeit von HEINRICH BARTH abgesehen von ihrer wissenschaftsgeschichtlichen Bedeutung besonders durch ihre gerade heute aktuellen wirtschaftspolitischen Fragestellungen immer noch besticht; zeitbedingte quellenkritische und chronologische Fehleinschätzungen fallen da nicht ins Gewicht, zumal immerhin überholte Datierungsansätze im Text kenntlich gemacht sind. In seiner Dissertation zur antiken Handelsgeschichte in der östlichen Mittelmeerwelt analysiert BARTH die Rolle der Stadt Korinth in ihrer Mittlerstellung zwischen der Peloponnes und Mittelgriechenland und mehr noch zwischen dem Osten bis nach Mesopotamien hin und dem Westen bis nach Spanien.
HEINRICH BARTH war, was im Zusammenhang mit seiner Dissertation nicht dargestellt werden konnte, einer der wenigen Afrika-Forscher der vorkolonialen Epoche, der mit einem von Vorurteilen fast vollkommen unverstellten Blick den Kulturen Afrikas und dem afrikanischen Islam gegenübertrat. In seiner Forschung vereinigte er ganz verschiedene Disziplinen wie Geographie, Archäologie, Geschichte, Ethnologie und Sprachwissenschaften und zeigte sich auch in dieser Hinsicht als Wegbereiter einer Historischen Geographie, wie sie für Afrika eigentlich erst wieder ab der Mitte des 20. Jahrhunderts betrieben wird. Seine Reiseberichte sind auch für den heutigen Leser noch in vieler Hinsicht ausgesprochen anregend, besonders die wenig breitenwirksame, jedoch profund gelehrte fünfbändige Publikation mit der Schilderung seiner großen Afrikareise in den Jahren 1850 bis 1855. Geradezu tragisch mutet es den Biographen von Heinrich Barth an (vgl. P. KREMER: Africanus. Leben und Reisen des Afrikaforschers Heinrich Barth. Düren 2007), wenn er sieht, wie sich dieser gewissenhafte, mit der Umsetzung seiner wissenschaftlichen Erkenntnis ernsthaft um die Abschaffung des Sklavenhandels bemühte Forscher von der britischen Regierung, die seine große Forschungsexpedition finanzierte, für kolonialimperialistische Zwecke vereinnahmen ließ und sich in Deutschland gegen traditionelle Vorurteile universitärer Kreise gegenüber den Völkern Afrikas nicht durchsetzen konnte. Literatur zu diesen Problemkreisen findet sich im Anhang der vorliegenden Publikation zusammengestellt von PETER KREMER (193-212).
Autor: Eckart Olshausen

Quelle: Erdkunde, 62. Jahrgang, 2008, Heft 4, S. 367