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Kategorie: Rezensionen

Wilfried Kiel: Omuramba Omatako. Dornige Pfade in Südwest-Afrika. Hg. Von Andreas Dittmann.  Bonn u.a. 2008. 392 S.

Das Buch erzählt die Geschichte von Wilfried Kiel, der vor mehr als neun Jahrzehnten auf einer Farm in der damaligen Kolonie "Deutsch-Süd-West-Afrika" geboren wurde. Die Familie des im Busch Aufgewachsenen übersiedelte nach dem Scheitern der elterlichen Farm am Waterberg nach Deutschland und dann in neuer Zusammensetzung wieder zurück nach Windhoek. Hier machte Wilfried Kiel sein Abitur und erhielt ein Stipendium zum Medizinstudium in Deutschland, wo ihn der Krieg einholte und die Nachkriegsjahre festhielten. Sein großer Traum von einer Rückkehr und Wiederansiedlung in Namibia erfüllte sich nicht. Zu groß  waren die wirtschaftlichen Herausforderungen beim Aufbau einer eigenen Existenz im zerstörten Nachkriegsdeutschland, zu unsicher die Verhältnisse im von Südafrika besetzten Südwest-Afrika und altersbedingt zu sehr beschränkt schließlich die Möglichkeiten im spät unabhängig gewordenen Namibia. Über Jahre hinweg reiste Wilfried Kiel immer wieder nach Südwest-Afrika. In den 60er Jahren sammelte er umfangreiches Material zu seiner ethno-medizinischen Promotionsarbeit über die Herero. Er wirkte als stiller, aber maßgeblicher Unterstützer zahlreicher humanitärer Hilfsprojekte im Land. Geblieben ist aus all dem eine große, unerschütterliche Liebe zu Afrika und seinen Menschen.
Die Autobiographie ist in vier ganz unterschiedlich gewichtete Hauptkapitel gegliedert. Die größte Bedeutung kommt dabei dem Teil zu, der die Kindheits- und Jugendjahre von Wilfried Kiel  in Südwest-Afrika beschreibt. Man gewinnt einen Eindruck von den Schwierigkeiten und Härten des Farmlebens, die in krassem Gegensatz zu dem standen, was Kolonialwerber versprachen. Im durch den Krieg der Deutschen Schutztruppe gegen die Herero historisch vorbelasteten Raum zwischen dem Waterberg und dem Oberlauf des Omuramba Omatako wächst Wilfried Kiel auf und erfährt eine Prägung, die für sein ganzes spätere Leben ausschlaggebend sein wird.
Von besonderem Interesse sind Schilderungen aus den zwanziger und dreißiger Jahren, die zum Teil völlig andere klimatische Verhältnisse belegen, als sie heute in Namibia vorherrschen. Demnach hat es im Brandberg- Massiv bis Mitte des 20. Jahrhunderts permanente oder zumindest jährlich wieder aufgefüllte Wasserstellen gegeben, in denen es Fische gab und man - wie Fotos belegen sogar baden konnte.
Das Leben im frühen Windhoek, die Existenznöte der Siedler und der Weg der Gescheiterten "heim ins Reich" beleuchten Abschnitte, die ebenso frei sind von übertriebener Kolonialromantik wie die anschließenden Kriegsschilderungen von unangebrachten Heldengeschichten. Das Kapitel über Kriegswirren fällt daher auch vergleichsweise knapp aus, obwohl der Leser ahnt, dass der als Fallschirmspringer ab 1943 in ständigem Fronteinsatz stehende Arzt viel erlebt hat - vor allem vieles, was ihm eine tief empfundene Abscheu vor Kampf und Krieg eingeprägt hat.
Die Schwierigkeiten setzten sich nach Kriegsende fort und fanden ihren Ausdruck in den Problemen, die einem Afrikaner bei der Niederlassung und der Suche nach einer neuen Heimat gemacht wurden. Sie werden im dritten Kapitel kurz geschildert, das vor allem jedoch die zahlreichen Reisen zurück nach Afrika behandelt und dabei den langen Weg Südwest-Afrikas vom Mandatsgebiet zum unabhängigen Staat Namibia beleuchtet. Nach philosophischen Nachdenklichkeiten im Schlusskapitel erschließt ein Glossar am Ende des Bandes die wichtigsten im Text vorkommenden Toponyme, Tier- und Planzennamen sowie heute weniger gebräuchliche, altertümliche Ausdrücke. Sofern sie aus Sprachen namibischer Ethnien stammen, ist in Klammern die jeweilige Herkunft angegeben.
Autor: Sönke Wanzek

Quelle: Erdkunde, 63. Jahrgang, 2009, Heft 1, S. 84-85