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Kategorie: Rezensionen

Herbert Popp: Bayreuth - neu entdeckt. Ein stadtgeographischer Exkursionsführer. Bayreuth 2007. 384 S.

Es gehört zu den Traditionen der Deutschen Geographentage, dass gleichsam als Teil des Tagungsangebotes ein "Exkursionsführer" zum Veranstaltungsort und seiner Region vorgelegt wird. Das hier anzuzeigende Werk über Bayreuth, den Ort des Geographentages 2007, steht ganz in dieser Tradition und weicht dennoch in mancherlei Hinsicht von den entsprechenden Publikationen der Vergangenheit ab. Der Band hat nicht nur einen einzigen Autor und erscheint damit "wie aus einem Guss", er ist darüber hinaus allein der Stadt Bayreuth gewidmet und blendet die weitere Region Oberfranken vollständig aus.

Als abweichend von der Tradition erscheint auch die Zielgruppe des Bandes, es sind dies in erster Linie - wie dem Vorwort des Autors zu entnehmen - weder die Teilnehmer des Geographentages noch die Touristen, die Bayreuth besuchen, sondern vielmehr die Bürger Bayreuths selbst, die dazu angeregt werden sollen, "sich ihre eigene ... Stadt erneut anzuschauen - natürlich unter der Annahme, dass sie hier etwas erfahren, was sie so bisher noch nicht gesehen haben oder vielleicht auch noch nicht wussten" (S. 8).
All dies verleiht der Publikation einen durchaus sympathischen, aber eben auch etwas provinziellen Charakter, der durch den expliziten Verzicht auf jeden "wissenschaftlichen Ballast" sowie durch das insgesamt eher konventionelle Layout des Buches zusätzlich unterstrichen wird. Für den Inhalt des Exkursionsführers zeichnet Herbert Popp verantwortlich, der als gebürtiger Bayreuther und Professor für Stadtgeographie an der Universität seiner Heimatstadt wie kaum ein anderer als höchst kompetenter Autor in Frage kam.
Das mit 384 Seiten recht umfangreiche und äußerst opulent ausgestattete Werk - von einem "Bändchen" (S. 8) kann nun wahrlich keine Rede sein - ist in zwei große Abschnitte unterteilt. Der erste, etwa 75 Seiten umfassende Teil liefert unter der Überschrift "Bayreuth im Überblick" eine Einführung in den Naturraum, die Phasen der Stadtentwicklung von Bayreuth und die Geschichte der Eingemeindungen, in die Entwicklung der überregionalen Verkehrsanbindung sowie die Rolle des Tourismus einschließlich der Bedeutung der Richard-Wagner-Festspiele. Die Ausführungen konzentrieren sich dabei sehr stark auf die "räumlichen" und "sichtbaren" Aspekte der Stadtentwicklung, so etwa auf die bauliche Struktur der Stadtviertel und die Führung der Verkehrswege, während die allgemeine historische und politisch-gesellschaftliche Entwicklung nur sehr kurz angeschnitten wird. Überraschend für den Außenstehenden sind die Bemerkungen zur geringen Bedeutung der Festspiele für die Stadt Bayreuth und vor allem ihre Bürger, ein Sachverhalt, der sich mit der im Sommer 2008 eingeführten öffentlichen Übertragung von Opernaufführungen aus dem Festspielhaus in Zukunft wohl etwas ändern mag. Bereits dieser erste Teil des Bandes ist mit Karten, Photos, Luftbildern und Tabellen vorzüglich ausgestattet, auch wenn in einigen Fällen (z.B. S. 17, 18/19, 30) die Lesbarkeit der Karten durch die Hinzufügung von Orts- und Stadtteilnamen sowie durch eine modifizierte Farbwahl noch hätte verbessert werden können.
Die große Stärke des Bandes aber liegt zweifellos im zweiten Teil mit seinen insgesamt 20 Exkursionsbeschreibungen. Hier kann sich die ausgesprochen profunde und intime Kenntnis des Autors zur jüngeren Stadtentwicklung von Bayreuth voll entfalten. Die Exkursionen liefern eine beeindruckende Fülle von Informationen zu historischen, städtebaulichen, ökonomischen und planerischen Aspekten in den verschiedenen Stadtbezirken. Die Darstellung der einzelnen Exkursionen wird jeweils eingeleitet durch technische Hinweise sowie eine aktuelle Karte mit dem Exkursionsweg und den ausgewählten Standorten. Diese Übersichtskarte wird in der Regel ergänzt durch ein Luftbild und/ oder eine historische Karte des entsprechenden Gebietes. Die textlichen Ausführungen werden in höchst anschaulicher Form verdeutlicht durch zahlreiche aktuelle Photos und Kartenausschnitte, aber auch durch eine Fülle an "historischem Material". Vor allem die Gegenüberstellung von Karten, Photos und Luftbildern aus unterschiedlichen Phasen der Stadtentwicklung gehört zu den Stärken des Bandes und macht ihn zu einer schier unerschöpflichen Fundgrube für alle, die an der Siedlungsentwicklung Bayreuths interessiert sind. Ein umfangreiches Literaturverzeichnis verweist auf die weiterführende und vertiefende Literatur.
Autor: Hans Dieter Laux

Quelle: Erdkunde, 63. Jahrgang, 2009, Heft 1, S. 85-86